Die Donauinsel ist aus Wien nicht mehr weg zu denken. Dabei sahen die ursprünglichen Baupläne ein rein technisches Bauwerk vor. Wie die Donauinsel zur grünen Oase Wiens wurde, zeigt ein Filmprojekt des Instituts für Landschaftsarchitektur der BOKU.

Vor 50 Jahren, im Jahr 1972, rückten die ersten Bagger an. Es war ein Bauprojekt der Superlative: 16 Jahre lang wurden rund 30 Millionen Kubikmeter Erde bewegt, um eine 21 Kilometer lange Insel und die tiefer liegende Neue Donau zu errichten. „Mich interessiert schon ganz lange, wie es möglich war, dass in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrere der größten Parkanlangen Wiens entstanden, während heute nur noch kleine Grünflächen geplant werden“, erzählt Ulrike Krippner, vom Institut für Landschaftsarchitektur der Universität für Bodenkultur Wien. 

Vorentwurf des Nordteils aus dem Jahr 1976: verschwenkte Uferlinien mit Buchten; Wechselspiel zwischen dichten Gehölzgruppen und offenen Spiel- und Liegewiesen. (Gottfried und Anton Hansjakob; LArchiv, Archiv Österreichischer Landschaftsarchitektur, Universität für Bodenkultur Wien)

Vorentwurf des Nordteils aus dem Jahr 1976: verschwenkte Uferlinien mit Buchten; Wechselspiel zwischen dichten Gehölzgruppen und offenen Spiel- und Liegewiesen. (Gottfried und Anton Hansjakob; LArchiv, Archiv Österreichischer Landschaftsarchitektur, Universität für Bodenkultur Wien)

Als Gottfried Hansjakob, der wesentlich an den Bauplänen der Donauinsel mitwirkte, seinen Vorlass der BOKU überließ, schien der ideale Zeitpunkt gekommen. Mit ihren Kolleginnen Dagmar Grimm-Pretner, Gertrud Haidvogl und Daniela Lehner interviewte Krippner in einem Forschungsprojekt Fachleute von damals, die den langwierigen Diskussionsprozess schilderten. „Heute scheinen im Gegensatz zu damals die Vision und der Wille zu fehlen auch etwas gegen Widerstände durchzusetzen“, erklärt sie. Denn auch damals sei es eine kooperative Herkulesaufgabe zwischen Expert*innen und der Stadt Wien gewesen.

Der Plan: Pfeilgerade Uferlinien, planierte Böschungen

Als Schutz vor Hochwasser, die immer wieder vor allem in Teilen des 20. Bezirks verheerende Schäden angerichtet hatten, war zunächst ein rein technisches Bauwerk geplant mit pfeilgeraden Uferlinien und steilen, planierten Böschungen. Keine Badebuchten, kein durchdachtes Wegesystem. Am Ende entstand eine 3,9 Quadratkilometer große Oase zum Radfahren, Schwimmen, Grillen und Chillen. Doch erst ein Zufall wendete das Schicksal, erinnert sich Bruno Domany, der damals die Koordinationsstelle Donaubereich leitete und grünere Pläne für die Donauinsel im Sinn hatte. Wegen eines Unfalls auf der Autobahn war er gezwungen, gemeinsam mit der gesamten Jury die Baustelle zu Fuß zu besichtigen. Erst so traten die wahren Dimensionen hervor, der Kontrast zur Enge der Stadt und das Potenzial freier Uferbereiche mit Blick auf Leopoldsberg und Kahlenberg. Das überzeugte auch andere und man war sich einig: „Eine Bebauung gehört da einfach nicht hin“, so Domany. Landschaftsarchitekt*innen erarbeiteten einen Gegenvorschlag zu den vorliegenden Plänen. Gottfried Hansjakob lieferte gemeinsam mit Wilfried Kirchner Planungsunterlagen, die der Donau und ihrer ursprünglichen Größe, ein Denkmal setzten. 

Aushub der Neuen Donau bei der Reichsbrücke 1980 und 1981. Im Hintergrund Behelfsbrücke nach dem Einsturz der Reichsbrücke am 1. August 1976 (Fotos Franz Meneder)

Aushub der Neuen Donau bei der Reichsbrücke 1980 und 1981. Im Hintergrund Behelfsbrücke nach dem Einsturz der Reichsbrücke am 1. August 1976 (Fotos Franz Meneder)

Die Donau, der Neusiedlersee der Wiener

„Man wollte Wien an die Donau bringen, weil die damals weit draußen lag“, erklärt Karl Glotter, der Mitglied des Arbeitskreises 2 war. Man wollte die beiden Stadtteile verbinden.  Das verbindende Element zwischen den beiden Stadtteilen sollten nun allerdings der Fluss selbst und der neue Naturraum dazwischen sein, in dem sich Menschen treffen können. „Davor sind alle zum Neusiedlersee gefahren“, erinnert sich Domany, was viel Zeit und Geld gekostet habe. Dennoch war der Weg bis zur heutigen Form der Donauinsel holprig. Einerseits sei es schwierig gewesen, Bauarbeiter zu überzeugen kein gerades Profil zu erzeugen, nicht möglichst lange mit dem Bagger über die Böschung zu fahren, bis jede Unebenheit beseitigt gewesen sei, schmunzelt Domany. Es habe sogar Prämien für nicht verletzte Bäume gegeben. Andererseits gab es viele Kritiker*innen. Erst die Nutzung der Bevölkerung ließ für alle den Rückschluss zu, dass diese Form die Donauinsel zu gestalten eine kluge Idee sei, deshalb habe man versucht, auch noch nicht ganz fertige Bereiche sofort zu besetzen, so Domany. 

Der Bedarf nach Erholungsraum am Wasser ist groß. Die Sonnenterrassen während der Bauarbeiten (1984) und nach Fertigstellung (1985) (Fotos Franz Meneder)

Der Bedarf nach Erholungsraum am Wasser ist groß. Die Sonnenterrassen während der Bauarbeiten (1984) und nach Fertigstellung (1985) (Fotos Franz Meneder)

Die beiden Kurzfilme zur Geschichte der Donauinsel finden Sie unter:

geschichtewiki.wien.gv.at/Donauinsel
youtu.be/SjqKYNCfTaU
youtu.be/-I0jU61W474

Fotos unter:
https://bokubox.boku.ac.at/#0dfc91bc40c27a5b599328e76ce41b02

Kontakt:
Dipl.-Ing. Dr.nat techn. Ulrike Krippner
Universität für Bodenkultur
Institut für Landschaftsarchitektur (ILA)
E-Mail: ulrike.krippner(at)boku.ac.at
Tel.: +43 1 47654 85213