Drei Jahre nach Gründung des Digitalisierungs- und Innovationslabors in den Agrarwissenschaften an der BOKU gaben die Initiatoren vergangenen Freitag, den 11. November, bei einer Tagung einen Einblick in den Wissensstand und in aktuelle Forschungsprojekte

Die Digitalisierung in der Landwirtschaft gewinnt immer stärker an Bedeutung, sowohl für regionale Wertschöpfungsketten und den Umweltschutz, als auch für die Welternährung und den Klimawandel. 2019 haben sich die drei Universitäten BOKU, TU Wien und die Veterinärmedizinische Universität Wien erstmals zusammengeschlossen, um gemeinsam den wissenschaftlichen Nachwuchs in dem neuen PhD-Großprogramm „DiLaAg - Digitale Technologien in der Landwirtschaft“ auszubilden und eine Plattform für Forschung und Beratung zu gründen - gefördert durch das Land Niederösterreich sowie der Forum Morgen Privatstiftung.

„Die spezifischen Kompetenzen dieser drei Universitäten ermöglichten, einen wissenschaftlichen Nukleus im Bereich der Digitalisierung in der Landwirtschaft zu bilden, der während der vergangenen drei Jahre kontinuierlich gewachsen ist“, freut sich DiLaAg-Projektleiter Andreas Gronauer, Institutsvorstand für Landtechnik am Department für nachhaltige Agrarsysteme an der BOKU. „Der Erfolg des DiLaAg lässt sich an 10 Doktoratsstudierenden mit ihren Promotionsprojekten, bis heute 22 wissenschaftlichen Publikationen, mehr als 30 Fachvorträgen und 4 gemeinsamen Tagungen ablesen. Im Bereich Praxisbetriebenetzwerk und Firmennetzwerk haben wir Grundlagen gelegt und erste Kooperationen gestartet. Ergebnisse aus dem DiLaAg wurden auch in die universitäre Lehre und Weiterbildungsangebote eingebunden“, so Gronauer. „Zudem gelang es uns, mit Partnern aus Industrie und Praxis ein Netzwerk mit zunehmend internationalen Verbindungen aufzubauen.“

Die Kernthemen des DiLaAg widmen sich der Robotik, der datenbasierten, vernetzten Prozessführung in der Außenwirtschaft, den „Data Sciences“ und der künstlichen Intelligenz, Methoden des Hybride Deep/Machine Learning aber auch Methoden, um sozio-ökologische Technologiebewertungen und Klassifikation von prozessbezogenen Daten im Bereich Umwelt, Biologie und Landwirtschaft, um die Nachhaltigkeit von Digitalisierung in der Landwirtschaft mittels Ökobilanzierung bewerten zu können.

Fokus auf die Anwendung in der Praxis
„Viele Institutionen und Unternehmen beschäftigen sich mit digitalen Innovationen und Technologien in der Agrarbranche. Da gilt es, den Überblick zu bewahren und dabei den Fokus auf die für Betriebe sinnvollen Anwendungen zu richten“, so Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. Daher ist es umso wichtiger, sowohl Wissenschaft und Forschung als auch praktische Erfahrungen und Expertisen in die Entwicklung neuer Techniken miteinzubeziehen. Die vielfältigen Ansätze und Ideen aus der Forschung sind wichtig, um am Puls der Zeit zu sein und Innovationen voranzutreiben. Genauso wichtig ist es, diese aus Sicht des praktischen Anwenders zu beleuchten. Die Experten mit dem größten Praxisbezug sind unsere Bäuerinnen und Bauern – das steht außer Frage. Nur mit den praktizierenden Land- und Forstwirten kann es gelingen, digitale Innovationen für die Land- und Forstwirtschaft nutzbar und fit für die praktische Umsetzung zu machen.“

Künstliche Intelligenz mit „Hausverstand“
"Digitale Transformation wird vor allem durch den Erfolg Künstlicher Intelligenz (KI) getrieben“, betonte Andreas Holzinger, Leiter des Human-Centered AI Labs am Institut für Forsttechnik des Departments für Wald- und Bodenwissenschaften an der BOKU. „Wir arbeiten an der Entwicklung generischer Methoden zur Förderung von Robustheit und Erklärbarkeit. Für uns ist es wichtig, dem Menschen die Kontrolle über die KI zu geben - nicht den Menschen durch KI zu ersetzen. In Human-Centered Artificial Intelligence ist unser Ziel, KI stets mit menschlichen Werten, ethischen Grundsätzen und rechtlichen Anforderungen in Einklang zu bringen, um Sicherheit und Schutz zu gewährleisten."

Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit
„Nicht nur in Österreich, sondern weltweit, können und werden digitale Technologien nicht nur eine effiziente und Ressourcen-schonende Produktion ermöglichen, sondern auch zur Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit führen. Mit dem Projekt DiLaAg haben wir einen ersten Beitrag zu dieser Weiterentwicklung geleistet und gleichzeitig gezeigt, wie gut und erfolgreich unsere drei Universitäten beim Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft zusammenarbeiten können“, so Marc Drillich, Leiter der Abteilung Bestandsbetreuung in der Klinik für Wiederkäuer an der Veterinärmedizinischen Universität Wien

Die Tagung gab auch Einblick zu den laufenden Doktoratsthemen:

  • Autonomous robotic platform Mathilda as the universal platform for agricultural applications (Vladimir Pejakovic)
  • Entwicklung eines RGB-D Bilddatensatzes für semantische Segmentation im Ackerbau (Florian Kitzler)
  • Bestimmung von Bestandesparametern in Weizen mithilfe von Fernerkundung (Lukas Koppensteiner)
  • Einsatz von Sensortechnologien in Rinderbeständen (Barbara Pichlbauer)
  • Chaos, Complexity and Neural Network Time Series Predictions (Sebastian Raubitzek)
  • Das Potenzial von Komplexitätsmetriken für eine verbesserte Nachhaltigkeits- und Resilienzanalyse (Kevin Mallinger)
  • Digital Twins: An approach for sustainable digitisation in Agriculture (Warren Purcell)
  • Environmental Life Cycle Assessment of Precision Agriculture Technologies - A case study of crop production in Austria (Francisco Medel)
  • Vergleichende Ökobilanz eines aufgeständerten und eines vertikal bifazialen Agri-Photovoltaik-Systems (Theresa Krexner)
  • Sensor-basiertes Monitoring der Entwicklung und Leistung von Kälbern vor dem Absetzen (Jose M. Chapa)

Die nun aufgebaute Kompetenz hofft im Rahmen einer zweiten Phase des DiLaAg diese Aktivitäten im Rahmen eines „European Digital Innovation Hub for Agrifood, Timber and Energy“ fortführen zu können. Der Standort Tulln mit dem „Haus der Digitalisierung“, Technopool, Wood K-Plus und bereits laufenden EU-Projekten böte eine hervorragende Grundlage.

Kontakt:
Universität für Bodenkultur Wien
DiLaAg - Digitalisierungs- und Innovationslabor in den Agrarwissenschaften
Email: dilaag(at)boku.ac.at
Tel.: +43 1 47654-93100