Das Feuerbakterium (Xylella fastidiosa) bedroht den europäischen Olivenbaumbestand – in der Plant Biotechnology Unit der Universität für Bodenkultur Wien wollen Wissenschafterinnen nun resistente Olivensorten züchten.

Seit einiger Zeit bedroht das Bakterium Xylella fastidiosa nun auch die europäischen Olivenbäume (c) pixabay


Die Ausbreitung von Xylella fastidiosa (Feuerbakterium) kann in einer gewissen Weise mit dem Ausbruch der Covid-Pandemie verglichen werden. Wir müssen erkennen, was uns die Covid-Pandemie gelehrt hat, und diese Erkenntnisse auf alle Aspekte unseres Lebens übertragen. Wie eine Infektion aus einer unbekannten Quelle entsteht, zu einer Epidemie und schließlich durch die weltweite Ausbreitung zu einer Pandemie führte. Aus diesen Gründen sind schnelle und genaue Methoden zum Nachweis von Pflanzenkrankheitserregern, die ihre Isolierung und Bekämpfung ermöglichen, sowie neue Züchtungsstrategien erforderlich.

Ein solches aktuell brennendes Beispiel liefert das Bakterium Xylella fastidiosa (Feuerbakterium), das ein breites Spektrum von über 600 Pflanzenarten aus verschiedenen taxonomischen Gruppen befällt. Dieser Erreger verursacht mehrere wirtschaftlich relevante Krankheiten, darunter die Pierce-Krankheit der Weintraube, die Oleander-Blattfleckenkrankheit, die Zitrusfleckenkrankheit, die Mandelblattfleckenkrankheit oder das Olivenbaumsterben, indem es bewirkt, dass die Pflanzen austrocknen und schließlich absterben. „Olive Quick Decline Syndrom“ (OQDS) ist derzeit einer der wichtigsten neu auftretenden Pflanzenpathogene auf globaler Ebene.

Xylella fastidiosa wird als eines der zehn wichtigsten pflanzenpathogenen Bakterien gewertet und in der EU als Quarantäneorganismus geführt (Mansfield et al., 2012). Die Liste der Wirtspflanzen für den Xylella fastidiosa-Erreger umfasst derzeit bereits 655 Pflanzenarten und enthält Zierpflanzen, Wildpflanzen und Nutzpflanzen. Sein Weg aus Nord- und Lateinamerika nach Südeuropa ist dabei unklar, eine Bekämpfungsmethode ist bisher nicht gefunden. Die direkte Übertragung erfolgt durch Zikaden. Seit einiger Zeit bedroht das Bakterium nun auch die europäischen Olivenbäume.

Olea europaea

Olivenbaumpflanzungen nahmen 2020 auf der Welt 12,8 Millionen Hektar ein, auf denen 20,8 Millionen Tonnen Oliven geerntet wurden. Die Produktionsfläche in Europa machte 2020 etwa 5,1 Mio. Hektar aus. Hier wurden 2020 etwa 59,6 % der Welternte an Oliven eingebracht. Spanien, Italien und Portugal produzierten 53,1 % aller Oliven weltweit. Allein im Mittelmeerraum gibt es über 1000 Sorten von Olivenbäumen. Die EU ist nicht nur der größte Olivenölproduzent, sondern auch der größte Verbraucher. Da die Nachfrage nach Olivenöl auch in nördlichen Ländern stetig zugenommen hat, wurde der Anbau von Olivenbäumen erheblich ausgeweitet. In vielen Regionen ist der Olivenbaum die Grundlage der ländlichen Wirtschaft.

In Europa wurde Xylella fastidiosa in Olivenbäumen zum ersten Mal im Jahr 2013 in Süditalien (Region Apulien) isoliert. Apulien hatte das Pech, dass mehrere Faktoren zusammenkamen, die eine Epidemie begünstigen, unter anderem der fast lückenlose Bewuchs mit Olivenbäumen. Der auf 8000 ha gefundene Bakterienstamm ist am engsten mit der Unterart pauca verwandt und wurde wahrscheinlich mit kontaminiertem Pflanzenmaterial (Kaffee) aus Costa Rica eingeführt (EFSA-Gremium für Pflanzengesundheit, 2015; EFSA, 2016). Die befallenen Bäume müssen ausgegraben und verbrannt werden, denn die Europäische Kommission hat Xylella fastidiosa als eine der gefährlichsten Pflanzenkrankheiten überhaupt klassifiziert. Anfang 2015 mussten auf schätzungsweise 230.000 ha hunderttausende Olivenbäume aufgrund des Befalles gefällt werden, eine weitere rasche Ausbreitung des Olivenbaumsterbens wurde befürchtet.

Schaumzikaden als Überträger

Ein Heilmittel gegen Xylella gibt es bedauerlicherweise noch nicht. Deshalb erforscht man unterschiedliche Zugänge, kurzfristig etwa über die Bekämpfung der Schaumzikaden (Philaenus spumarius) als Überträger, aber längerfristig natürlich über die Züchtung von resistentem Pflanzgut – wie derzeit an der BOKU. Und wie immer sind die geschmacklich wertvolleren Sorten empfindlich und die robusteren Sorten weniger schmackhaft.

Hier setzen die Bemühungen der Plant Biotechnology Unit der BOKU (Arbeitsgruppe Margit Laimer) an. Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes der IAEA/FAO „Development of Integrated Techniques for Induced Genetic Diversity and Improvement of Vegetatively Propagated and Horticultural Tree Crops“ sind die Forscherinnen der PBU um „Zell- und Gewebekulturen für die Resistenzzüchtung bei ausgewählten Olivensorten“ bemüht und verantwortlich.

Aufbau einer Lebendsammlung von Ausgangspflanzen in vivo(Mutterpflanzen)

Dazu gilt es zu berücksichtigen, dass Olivenpflanzen als potenzielle Träger eines Quarantäneorganismus nicht einfach überall aufgestellt oder ausgesetzt werden können. Die Mutterpflanzen werden im Glashaus beziehungsweise im insektensicheren Saranhaus der Quarantänestation der PBU aufgestellt, gepflegt und als Ausgangsmaterial für die Etablierung von Gewebekulturen verwendet.

Aufbau einer in vitro-Sammlung von Olea europaea L.

Pflanzen, die unter Gewächs- und Saranhausbedingungen gehalten werden, liefern das Ausgangsmaterial für die vegetative Vermehrung. Die Arbeitsschritte für die Etablierung von sterilen Gewebekulturen werden mit Hilfe der jahrelangen Erfahrungen der PBU mit holzigen Nutzpflanzen optimiert. Zunächst werden axillare Sprosskulturen und Suspensionskulturen ausgewählter Sorten angelegt, die ihrerseits wieder als Ausgangsmaterial für weiterführende Versuche herangezogen werden können. So werden für die ausgewählten Olivensorten Protokolle für die somatische Embryogenese und die Bildung von Adventivsprossen aus adultem Material erstellt.

Verbesserte Genotypen

Ziel dieser Bemühungen wird es sein, verbesserte Genotypen von Olivenbäumen (Olea sp.) nach Anwendung geeigneter Techniken etwa durch Gamma- und Röntgenstrahlen oder durch CRISPR-Cas zu erzeugen, die in der Folge auf eine veränderte Anfälligkeit gegenüber Xylella getestet werden sollen. Eine molekulare Validierung von Mutanten soll ermöglichen, eine gültige Empfehlung zu geben, wie verbesserte Genotypen von Oliven nach Bestrahlung erzeugt, gescreent und gewonnen werden können.

„Aufgrund der sich verändernden Klimabedingungen und der möglichen Ausbreitung der Vektoren nach Norden, vor allem aber aufgrund der Tatsache, dass die verschiedenen Unterarten des Feuerbakteriums einen so unglaublich großen Wirtspflanzenkreis befallen können, sind alle Anstrengungen erforderlich, um ein Bedrohungsszenario in Europa abzuwenden“, betont Margit Laimer, die Leiterin der Arbeitsgruppe. „Jede Erkenntnis, die wir zur Interaktion zwischen einer Pflanze (Olea), dem Krankheitserreger (Xylella) und dem Vektor (Philaenus) gewinnen können, verbessert die Kontrollstrategien, die wir auch für andere Kulturpflanzen, den unterschiedlichen Unterarten des Bakteriums und neuen potenziellen Vektoren entwickeln können.“ Die phytosanitäre Qualität des Pflanzmaterials, aber auch die Züchtung resistenter Sorten unter Erhalt der qualitätsbestimmenden Faktoren stellen einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung dieser Krankheit dar.

Wissenschaftlicher Kontakt:
Ao. Univ.Prof. Dr. Margit Laimer
Institut für Molekulare Biotechnologie
Universität für Bodenkultur Wien
margit.laimer(at)boku.ac.at
01 47654 – 79010