21.03.2024 - Artensterben unter der Wasseroberfläche
Weltweit zählen die Süßwasserökosysteme zu den stärksten bedrohten Lebensräumen. Am Weltwassertag, den 22. März, möchte die BOKU University mit alarmierenden Zahlen darauf aufmerksam machen, wie wichtig der Schutz unserer Gewässer ist. Denn um die aquatischen Lebensräume in Österreich steht es schlecht.
Aquatische Ökosysteme sind wesentlich stärker bedroht als terrestrische, aber der Verlust der Artenvielfalt unter der Wasseroberfläche wird oft weniger wahrgenommen. „Mehr als 50 Prozent der österreichischen Fließgewässer erfüllen nicht die Kriterien für einen guten ökologischen Zustand gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie, und sogar 85 Prozent der Auen sind heute verschwunden. Auch der Großteil der Moore - ganze 94 Prozent - befindet sich in einem bedenklichen Zustand. Unsere österreichischen Seen schneiden etwas besser ab, dennoch weisen 11 von insgesamt 62 Seen einen unzureichenden ökologischen Zustand auf“, fasst Stefan Schmutz vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement der BOKU zusammen.
In der vorliegenden Arbeit wurde kürzlich aufgezeigt, wie es um die Fauna und Flora in Flüssen und Seen in Österreich steht.
Gefährdungsgrad der Süßwasserbewohner in Österreich:
- Flusskrebse: 100 Prozent
- Uferbewohnende Fauna (z.B. Spinnen, Kurzflügelkäfer): 60-90 Prozent
- Großmuscheln: 73 Prozent
- Fische 62 Prozent
- Amphibien: 60 Prozent
- Wasserpflanzen: 50 Prozent
Ursachen für die Gefährdung
Besonders die Nutzung von Wasserkraft mit über 5000 Anlagen sowie die Regulierung von Flüssen üben einen erheblichen negativen Einfluss auf unsere Gewässer aus. Die Auswirkungen der Urbanisierung, Schifffahrt, Trinkwassergewinnung und Bewässerung sind etwas weniger ausgeprägt. Dennoch wird durch den Klimawandel eine Zunahme dieser Effekte erwartet. „Für den starken Rückgang der Artenvielfalt ist folglich die kumulative Wirkung der Mehrfachbelastungen verantwortlich“, so der Wasserökologe.
Schutz für die Gewässer
Der Großteil der österreichischen Gewässer ist stark fragmentiert, hauptsächlich durch die Nutzung großer Strecken für die Wasserkraftgewinnung. "Ein vorrangiges Ziel besteht daher darin, die verbliebenen intakten, frei fließenden Abschnitte der Gewässer zu erhalten, von denen nur noch 8 Prozent (Abschnittslänge >10 km, Gewässerbreite > 10 m) existieren, und Revitalisierungsprojekte zu initiieren", hebt Stefan Schmutz hervor. Nur so können bedrohte Arten wie der Huchen überleben. Diese, ebenso wie alle anderen Arten in Fließgewässern, sind auf längere, frei fließende Abschnitte von mehreren Kilometern und eine angemessene Fließgeschwindigkeit angewiesen. Ein bemerkenswertes Beispiel für den Erfolg solcher Revitalisierungsmaßnahmen ist die Traisen, ein Fluss im Süden Niederösterreichs. Dort wurde ein einst stark degradierter Abschnitt erfolgreich in einen guten ökologischen Zustand zurückgeführt. „Wenn es gelingt, weitere solcher Projekte umzusetzen, werden unsere Gewässer auch den Herausforderungen des fortschreitenden Klimawandels besser gewachsen sein", so Schmutz abschließend.
Mehr Informationen finden Sie auf https://www.zoobot.org/archiv-acta/
Kontakt
Univ.Prof. DI Dr. Stefan Schmutz
BOKU University
Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement
Email: stefan.schmutz(at)boku.ac.at
Telefon: +43 1 47654 81202