03.09.2025 - T-Zellen auf Zehenspitzen: Wie unser Immunsystem Krankheitserreger erkennt

Ein Forschungs-Team um die Molekularbiologin Janett Göhring von der BOKU Universität und der Medizinischen Universität Wien liefert neue Einblicke in die Funktionsweise unseres Immunsystems. In einer unlängst in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichten Studie konnte gezeigt werden, dass CD4⁺-T-Zellen eine stabile mechanische Umgebung schaffen, die die Erkennung von Krankheitserregern unterstützt.
Immunzellen und vor allem T-Zellen können selbst kleinste Unterschiede zwischen gefährlichen Fremdpartikeln und körpereigenen Zellen erkennen - eine Fähigkeit, die notwendig ist, um Krankheiten zu verhindern und gesunde Gewebe zu schützen. Aber wie gelingt es T-Zellen, diese Präzision zu erreichen? Seit langem vermuteten Wissenschaftler, dass die von Zellen ausgeübten Kräfte bei der Erkennung entscheidend dazu beitragen könnten, zwischen Bedrohungen und harmlosen Elementen zu unterscheiden. Die Mechanik dieses Prozesses blieb jedoch weitgehend unverstanden.
Mit Hilfe modernster einzelmolekül-sensitiver Mikroskopie-Methoden untersuchte das BOKU-Forschungs-Team in Kooperation mit Gerhard Schütz (TU Wien) und Johannes Huppa (Medizinische Universität Wien) die Zugkräfte, die CD4+ T-Zellen auf Zielmoleküle ausüben. Dabei zeigte sich:
- Nur ein sehr kleiner Teil der Bindungen ist überhaupt messbaren Kräften ausgesetzt
- Die Kräfte sind deutlich geringer, als bisherige Experimente vermuten ließen
- Unterschiede in der Krafteinwirkung beeinflussen die Stabilität der Bindung nicht
Ein Schutzraum für präzise Immunabwehr
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass CD4⁺-T-Zellen eine Art ‚Schutzraum‘ vor mechanischer Belastung schaffen“, erklärt der Physiker Lukas Schrangl (Erstautor, TU Wien und BOKU – Department für Naturwissenschaften und Nachhaltige Ressourcen). „Die immunologische Synapse, die bei der Begegnung von T-Zellen mit Antigen-präsentierenden Zellen entsteht, wirkt dabei wie ein biophysikalischer Puffer. So können Antigene präzise erkannt werden, ohne dass störende Zugkräfte die Bindungen destabilisieren.“
Die Studie trägt zu einem besseren Verständnis der Feinabstimmung des Immunsystems bei und könnte langfristig Impulse für die Entwicklung neuer Immuntherapien und Impfstrategien geben.
Die Publikation „CD4+T-cells create a stable mechanical environment for force-sensitive TCR:pMHC interactions“ ist in der aktuellen Ausgabe von Nature Communications erschienen und online unter https://www.nature.com/articles/s41467-025-62104-2abrufbar.
Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Janett Göhring
BOKU University
Department für Biotechnologie und Lebensmittelwissenchaften
Institut Molekulare Biotechnologie
Email: ja.goehring(at)boku.ac.at
Telefon: +43 1 47654-79067