Forscher*innen der BOKU University und der Universität Freiburg haben einen bislang unbekannten Mechanismus in Pflanzen entdeckt, mit denen diese ihr Wachstum dynamisch regulieren können. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift "Science Advances" veröffentlicht.  

Wie schafft es eine Pflanze, ihr Wachstum blitzschnell an wechselnden Umweltbedingungen anzupassen? Ein Forschungsteam der BOKU ist dieser Frage auf den Grund gegangen – und hat dabei einen bislang unbekannten Mechanismus finden können.  

Bis dato war nämlich nur bekannt, dass das Hormon Auxin für die dynamische Wachstumsregulation von Pflanzen verantwortlich ist. Es bestimmt darüber, wo Gewebe wächst und wie es sich an die Umwelt anpasst, etwa durch die Sprosskrümmung zum Licht oder über das Wurzelwachstum im Boden. Doch, damit das möglich ist, muss das Hormon erst einmal in der Zelle an die richtige Stelle gelangen.  

PILS-Proteine: Torwächter des Pflanzenwachstums 

Ob das gelingt, bestimmen die sogenannten PILS-Proteine. Diese Transportmoleküle steuern den Auxin-Fluss innerhalb der Zelle und wirken dabei wie Torwächter: Einmal halten sie das Wachstumshormon im Inneren zurück, einmal geben sie es frei, um im Zellkern zu wirken. „Man kann sich das wie einen molekularen Schalter vorstellen. Die Pflanze entscheidet, ob Auxin aktiv ist oder nicht – und passt ihr Wachstum dadurch flexibel an die Umwelt an“, erklärt Studienleiter Jürgen Kleine-Vehn, der seine Forschung am Institut für Pflanzenbiotechnologie und Zellbiologie der BOKU durchführte und seit kurzem an der Universität Freiburg tätig ist. 

Welche Entscheidung eine Pflanze fällt, hängt jedoch davon ab, wie viele PILS-Proteine vorhanden sind. Mit seinem BOKU-Kollegen Richard Strasser zeigte Kleine-Vehn erstmals, dass dieser Faktor wiederum von einer zellulären Abbau-Maschinerie reguliert wird: der ERAD-Maschinerie (Endoplasmatische Retikulum-assoziierte Proteindegradation). „Braucht die Pflanze aufgrund von Umgebungsveränderung das Auxin-Hormon, baut die Maschinerie die Proteine ab. Bei stabilen Bedingungen bleiben sie hingegen bestehen, um die Hormonantwort abzubremsen.“ Die Pflanze verändert somit selbstständig ihren Wachstumsmodus.   

Schlüssel für nachhaltige Landwirtschaft 

Diese Erkenntnisse eröffnen einen neuen Blick darauf, wie eng innere Kontrollmechanismen und äußere Signale ineinandergreifen. „Langfristig kann das dabei helfen, Pflanzen robuster gegen Stress und Klimaveränderungen zu machen“, so der Zellbiologe. Bei der Studie, die vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde, handelt es sich somit um einen wichtigen Schlüssel für eine nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft.  

Artikel „ERAD machinery controls the conditional turnover of PIN-LIKES in plants“: 
Science Advances, DOI 10.1126/sciadv.adx5027 

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(Alle Fotocredits: BOKU University/Institute of Plant Biotechnology and Cell Biology)

Wissenschaftlicher Kontakt: 
Prof. Dr. Jürgen Kleine-Vehn 
Universität Freiburg 
CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies 
Institut für Biologie II 
Tel: +49 761 203-2951 
E-Mail: juergen.kleine-vehn(at)biologie.uni-freiburg.de 

Assoc. Prof. Richard Strasser 
BOKU University  
Institute of Plant Biotechnology and Cell Biology 
Department für Biotechnologie und Lebensmittelwissenschaften 
Tel: +43 1 47654-94345 
E-Mail: richard.strasser@boku.ac.at