Die grüne Rindenschicht der Hainbuche (links), ein Querschnitt der Esche (Mitte) und eine Stechpalme umschlossen von der Gasaustauschkammer (rechts). © BOKU/Institut für Botanik

Die grüne Rindenschicht der Hainbuche (links), ein Querschnitt der Esche (Mitte) und eine Stechpalme umschlossen von der Gasaustauschkammer (rechts). © BOKU/Institut für Botanik

BOKU-Forschung zeigt unterschätzte Rolle der Baumrinde bei der Photosynthese.

Auch ohne Blätter können Bäume einen aktiven Beitrag zur CO₂-Reduktion leisten. Eine aktuelle Forschungsarbeit an der BOKU University zeigt: Die Rinde vieler Bäume ist in der Lage, Photosynthese zu betreiben – ein bislang stark unterschätzter Mechanismus im globalen Kohlenstoffkreislauf.

Gerade laubabwerfende Bäume können auch in den laubfreien Jahreszeiten (Herbst, Winter und dem frühen Frühjahr) aktiv CO₂ aufnehmen und Sauerstoff abgeben. Die sogenannte kortikuläre Photosynthese, also Photosynthese in der grünen Rindenschicht, ergänzt die klassische Blatt-Photosynthese und hilft Bäumen dabei, auch außerhalb der Vegetationsperiode lebenswichtige Prozesse aufrechtzuerhalten. Laut wissenschaftlicher Literatur können CO₂-Konzentrationen im Stammgewebe um bis zu 25 % steigen – was wiederum die Photosyntheseleistung der Rinde ankurbelt. Schätzungen zufolge kann die Borken-Photosynthese etwa 10 bis 15 % zur gesamten Kohlenstoffbilanz eines Baumes beitragen.

Neue Einblicke in den Gasaustausch über die Rinde

Ein Forschungsteam rund um Daniel Tholen am Institut für Botanik der BOKU hat eine innovative Gasaustauschkammer entwickelt, mit der sich der Gasaustausch an der äußeren Rinde präzise messen lässt. „Erste Untersuchungen an Esche, Zürgelbaum und Ginkgo zeigen: Kleine Strukturen, sogenannte Lentizellen, spielen eine zentrale Rolle beim Austausch von CO₂ und Wasserdampf – insbesondere an jungen Zweigen“, so Tholen. Neben den Gaswechselmessungen setzt das Team, zu dem auch Ines Münchinger, Anne-Charlott Fitzky und Benjamin Hessegehören, auf die Methode der stabilen Isotopenverfolgung. Damit untersuchen die Wissenschafter*innen, wie der durch die Rinde aufgenommene Kohlenstoff zur Entwicklung junger Blätter im Frühling beiträgt.

Resiliente Stadtbäume durch aktive Rinde

Besonders spannend ist diese Fähigkeit im Kontext des Klimawandels und urbaner Lebensräume: Bei Hitze, Trockenheit oder Schädlingsbefall kann die Blattphotosynthese stark eingeschränkt sein. Bäume mit aktiver Rinden-Photosynthese zeigen sich hier widerstandsfähiger – eine Eigenschaft, die für die Auswahl künftiger Stadtbaumarten entscheidend sein könnte. Die lokale Energieproduktion durch die Rinde hilft etwa beim Wundverschluss oder der Zellreparatur – wichtige Funktionen für Bäume in stressreichen Umgebungen wie versiegelten Böden oder Hitzeinseln.

Im kommenden Sommer steht ein großangelegtes Experiment an. Untersucht wird, wie sich anhaltende Trockenheit auf die Rinden-Photosynthese auswirkt – eine wichtige Frage in Zeiten zunehmender klimatischer Extreme.

Mehr Informationen finden Sie auf https://forschung.boku.ac.at/de/projects/15138

Foto https://bokubox.boku.ac.at/#c27184a5d6dbb361b8ed2cc618e859f2 
Die grüne Rindenschicht der Hainbuche (links), ein Querschnitt der Esche (Mitte) und eine Stechpalme umschlossen von der Gasaustauschkammer (rechts).
© BOKU/Institut für Botanik

Kontakt
Assoc.Prof. PD Dr. Daniel Tholen
BOKU University
Institut für Botanik
Email: daniel.tholen(at)boku.ac.at
Telefon: +43 1 47654 83112