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Hitze trifft Wien ungleich: Besonders benachteiligte Gruppen wie Kinder, Ältere oder Menschen mit geringem Einkommen leben in heißen Vierteln mit wenig Grün. Eine BOKU-Studie fordert mehr soziale Gerechtigkeit in der Klimaplanung.

Die zunehmende Hitze ist das größte klimawandelbedingte Gesundheitsrisiko in Wien. „Unser Projekt zeigt, dass das urbane Hitzeproblem nicht nur eine klimatische, sondern auch eine soziale Herausforderung ist. Besonders gefährdete Gruppen – darunter Kinder, ältere Menschen und Pflegebedürftige – sind den größten Risiken ausgesetzt“, betont Projektsprecher Maximilian Muhr von der BOKU University.

Ungleiche Verteilung von Hitze und Grünflächen

Unsere Sozialraumanalyse für Wien hat gezeigt, das einkommensschwache Bevölkerungsgruppen und arbeitslose Menschen überproportional häufig in heißeren Stadtteilen, wie zum Beispiel in den Bezirken 10, 15, 16, 17 und 20, leben. Zudem stehen in diesen einkommensschwachen Vierteln mit hoher Bevölkerungsdichte weniger Grünflächen pro Kopf in unmittelbarer Nähe zur Verfügung oder sind für diese Gruppen zugänglich als in anderen Stadtteilen. Der Projektleiter Patrick Scherhaufer von der BOKU University erzählt, „dass sich die Wiener Stadtverwaltung der Abhängigkeit besonders gefährdeter Gruppen von öffentlichen Grünflächen durchaus bewusst ist. Doch fehlt eine systematische Priorisierung dieser kühlenden Flächen in Gebieten mit einem hohen Anteil dieser Gruppen. Es ist daher wichtig, soziale Gerechtigkeit systematisch in Klimaanpassungsstrategien und die Stadtplanung zu integrieren, um bestehende Ungleichheiten nicht weiter zu verschärfen.“

Mehrfache Vulnerabilitäten und soziale Gerechtigkeit bei städtischer Hitze

Städtische Hitze betrifft besonders vulnerable (verletzliche) Gruppen, die oft mehrere Überschneidungen von Benachteiligungen aufweisen, wie sozioökonomische Probleme, gesundheitliche Einschränkungen oder begrenzten Zugang zu kühlenden Infrastrukturen. Diese mehrfachen Vulnerabilitäten verstärken die negativen Auswirkungen von Hitze und machen eine gerechte und inklusive Planung - insbesondere von öffentlichen Grünflächen aber auch von anderen kühlenden Infrastrukturen - unerlässlich. Die Interviewpartner:innen im Forschungsprojekt verwendeten verschiedene Begrifflichkeiten, um urbane Hitze zu beschreiben, wie z.B. „extrem erdrückend“ und „ein Überlebenskampf, vor allem wenn man auf der Straße lebt“ (Janek , 37, prekäre räumliche Lebensverhältnisse, wohnungslos, sozioökonomisch benachteiligt, Migrationshintergrund, psychische Erkrankung) oder „nicht mehr erträglich“ und „mörderisch“ (Agnes, 53, prekäre räumliche Lebensverhältnisse, chronische Erkrankung, Übergewicht). [Alle Namen der Beteiligten sind Pseudonyme.]Fehlende direkte Beteiligungsmöglichkeiten

Ein zentrales Defizit besteht in der unzureichenden Einbindung besonders von Hitze gefährdeter Gruppen in Begrünungsprojekte. Das Forschungsprojekt zeigt, dass es kaum Beteiligungsformate oder gezielte Kommunikationsstrategien gibt, um die Anliegen der besonders Betroffenen in Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen. Dies kann die Effektivität der Maßnahmen zur Hitzeminderung erheblich verringern. Ein im Projekt prototypisch durchgeführter Beteiligungsworkshop hat jedoch bestätigt, dass vulnerable Gruppen einen äußerst wertvollen Beitrag zu einer inklusiven und gerechten Klimawandelanpassungsplanung leisten können, indem sie konkrete Vorschläge für eine barrierefreie, konsumfreie und inklusive Gestaltung dieser kühlenden Infrastrukturen einbringen.

„Mit den ansteigenden Temperaturen in den Sommermonaten wird die Hitze in Städten wie Wien zunehmend zu einem drängenden Problem, besonders für die am stärksten von Hitze betroffenen Gruppen. Maßnahmen wie Grünflächen, kühle Innenräume und hitzeangepasste Infrastrukturen müssen daher vorrangig diesen Menschen zugutekommen. Gleichzeitig ist es essenziell, sie aktiv in die Planung solcher Maßnahmen einzubeziehen“, so Muhr.

Mehr Informationen auf https://urbanheat.boku.ac.at