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Forscher*innen der BOKU University haben gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen das Bewegungsverhalten aller Menschen und Tiere untersucht und sind zu einem überraschenden Ergebnis gekommen: Die Bewegung der menschlichen Biomasse ist heute rund 40mal größer als jene aller wildlebenden Landsäugetiere, Vögel und Gliederfüßer zusammen.

Im Vergleich zu Zugvögeln oder Tierarten wie Wale, die jedes Jahr weite Strecken zurücklegen, wirken Menschen zunächst wie die ultimativen Bewegungsmuffel. Doch eine neue Studie der BOKU University, des Weizmann Institute of Science und weiterer internationaler Partner zeigt das Gegenteil: In einem kürzlich in Nature Ecology & Evolution veröffentlichten Artikel zeigen die Forschenden, dass die Gesamtbewegung der Menschheit rund 40-mal größer ist als jene aller wildlebenden Landsäugetiere, Vögel und Gliederfüßer zusammen.

„Seit der Industriellen Revolution hat die Bewegung der menschlichen Biomasse um 4.000 Prozent zugenommen – während sie bei Meerestieren, welche sich am meisten bewegen, aufgrund jahrzehntelangen, unkontrollierten Walfangs und intensiver Überfischung um rund 60 Prozent zurückging“, erläutert Studienleiter Yuval Rosenberg vom Weizmann Institute of Science. 

„Wir staunen oft über die Kraft der Natur und fühlen uns klein im Vergleich“, erklärt sein Kollege Ron Milo, „Doch selbst die großen Tierwanderungen, die wir aus Naturdokumentationen kennen, sind kaum vergleichbar mit der Bewegung der menschlichen Biomasse – etwa, wenn Menschen aus aller Welt zu einer einzigen Weltmeisterschaft zusammenkommen.“

Bewegungen von Wildtieren erstmals quantifiziert 

Die Studie ist der erste wissenschaftliche Versuch, die Gesamtbewegung verschiedener Spezies - inklusive aller Menschen - direkt zu vergleichen. Der Schlüssel: Die Forschenden multiplizierten die Gesamtbiomasse – also die kombinierte Masse bzw. das Gewicht aller Individuen einer Art – mit der Strecke, die sie innerhalb eines Jahres zurücklegen. 

So konnten Dominik Wiedenhofer und Doris Virág vom Institut für Soziale Ökologie an der BOKU gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen erstmals die globale Bewegung aller Tierarten im Vergleich zu der des Menschen quantifizieren. „Wir stellten beispielsweise fest, dass die jährliche Migration aller Buckelwale quer durch die Ozeane etwa so viel Biomassebewegung bedeutet, wie die alltägliche Mobilität aller Bewohner*innen Deutschlands“, so Wiedenhofer.  

Von zu Fuß bis Flugzeug: Wer bewegt sich wie viel?

Bei der Aufschlüsselung der menschlichen Biomassebewegung stellten die Forschenden Folgendes fest:

•  65 % erfolgen mit Auto oder Motorrad

•  20 % zu Fuß oder mit dem Fahrrad

•  10 % mit dem Flugzeug

•  5 % mit dem Zug

•  Menschen in Niedriglohnländern verursachen weniger als 10% der gesamten menschlichen Biomassebewegung

•  Menschen in Ländern mit hohem Einkommen bewegen sich am allermeisten, hauptsächlich durch die Verwendung von Autos

„Mobilität ist natürlich zentral für die gesellschaftliche Teilhabe, jedoch findet viel zu viel davon mit privaten PKWs statt, sowohl in den wohlhabenderen Ländern als auch immer mehr in den sogenannten Schwellenländern. Dies hat sowohl für die Gesundheit als auch für die Umwelt hohe negative Folgen“, erläutert Wiedenhofer. 

Die Ergebnisse im Überblick:

•  Der durchschnittliche Mensch legt rund 30 Kilometer pro Tag zurück.

•  Zu Fuß ist die Biomassebewegung des Menschen sechsmal größer als jene aller wildlebenden Landtiere.

•  Mit dem Flugzeug übertrifft die Mobilität menschliche Biomasse jene aller fliegenden Wildtiere um das Zehnfache.

•  Die Gesamtbewegung der weltweit rund 1,3 Milliarden Autos entspricht der Biomassebewegung aller Land- und Meerestiere zusammen.

•  Die Bewegung aller Nutztiere in Viehzucht und Landwirtschaft macht etwa ¼
aller Menschen aus.

Ein massiv verbesserter Zugang zu leistbarer und umweltfreundlicher Mobilität und eine Reduktion des privaten Automobilverkehrs sei daher essenziell, um sowohl das Klima und die Natur zu schützen. „Heute wissen wir, dass die Mobilität solcher Tiere entscheidend für das reibungslose Funktionieren von Ökosystemen ist – und dass diese nur überleben können, wenn sie miteinander verbunden bleiben“, so Wiedenhofer abschließend.

The study is available at: https://www.nature.com/articles/s41559-025-02863-9.
DOI: 10.1038/s41559-025-02863-9

 

Wissenschaftlicher Kontakt: 

Dominik Wiedenhofer 

Institut für Soziale Ökologie (SEC)

BOKU University 

Tel: +43 1 47654 73729

Mail: dominik.wiedenhofer(at)boku.ac.at

 

Doris Virág 

Institut für Soziale Ökonomie 

BOKU University 

Mail: doris.virag(at)boku.ac.at