Ein Team rund um Hubert Hettegger forscht am Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe zu nachhaltigen Materialien auf Cellulose-BasisHubert Hettegger @BOKU Medienstelle/Christoph Gruber

Am 2. Juni wurde am BOKU-Standort UFT Tulln im Beisein von Dr. Jürgen Pripfl, Generalsekretär der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, Bürgermeister Mag. Peter Eisenschenk sowie dem Vizerektor für Forschung und Innovation der BOKU, Univ.Prof. Dr. Christian Obinger das Christian Doppler-Labor für Cellulose Hightech-Materialien eröffnet. Geleitet wird das neueste CD-Labor der BOKU von Ass.Prof. Dr. Hubert Hettegger. Der aus St. Veit im Pongau stammende Wissenschafter und jüngster CD-Labor-Leiter der BOKU wird in den kommenden sieben Jahren mit seinem Forschungsteam am Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe der BOKU im Sinne „Grüner(er) Chemie“ die Eigenschaften und Charakterisierung sowie die nachhaltige Herstellung und Verarbeitung von Materialien auf Basis von Cellulose erforschen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) sowie von den vier österreichischen Unternehmenspartnern Lenzing AG, Papierfabrik Wattens GmbH & Co KG, Metadynea Austria GmbH und Vienna Textile Lab GmbH gefördert.

 „Grüne Chemie“ ist zu einem aktuellen Buzzword geworden. Nichtsdestotrotz ist die Notwendigkeit von mehr und besseren grünen Prozessen in der chemischen Industrie sowie der Bioraffinerie- und Zellstoff-Wertschöpfungskette heute unbestritten – und der laufende Übergang von einer auf fossilen Rohstoffen zu einer auf erneuerbaren Ressourcen basierenden Gesellschaft steht außer Frage. Grüne beziehungsweise grünere Chemie bedeutet jedoch mehr, als nur von nachwachsenden, biologischen Ausgangsmaterialien auszugehen – obwohl dies eine wichtige Voraussetzung ist. Ein grüner chemischer Prozess berücksichtigt alle damit zusammenhängenden Prozessmerkmale, wie etwa Ausbeute, Lösungsmittel, Energieströme, Hilfsstoffe, Kreislauffähigkeit, Nebenprodukte, ökonomische und ökologische Aspekte, und oft verschlechtert die Unzulänglichkeit mancher dieser Kriterien die Nachhaltigkeit vermeintlich grüner chemischer Ansätze.

„Auch die chemische Industrie steht vor der Herausforderung, nachhaltiger, umweltfreundlicher und klimaschonender zu werden“, betont Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher, dessen Ministerium wesentlich zur öffentlichen Finanzierung von CD-Labors beiträgt. „Die Grundlagenforschung in diesem CD-Labor widmet sich der Chemie sowie der nachhaltigen Nutzung und Verarbeitung von Cellulose und anderen nachwachsenden Rohstoffen. Das wird insbesondere die Zellstoff-, Papier- und Faserindustrie, die Textilindustrie sowie viele Folgeindustrien stärken und ist ein weiterer Baustein zur Stärkung und Sicherung des Industriestandorts Österreich.“

„Das Thema der Nachhaltigkeit wird seitens der Metadynea seit Jahren sehr ernst genommen. In zahlreichen internen Entwicklungsprojekten und externen Kooperationen ist Nachhaltigkeit ein Kernthema. Mit der Möglichkeit des Mitwirkens am CD-Labor für Cellulose Hightech-Materialien haben wir nun die Chance, neue biobasierte Rohstoffe für unsere Industrie zu erschließen“, unterstreicht Dr. Christoph Gabler, Leiter der Forschungsgruppe für nachhaltige Bindemittelsysteme der Metadynea Austria GmbH die Bedeutung der Mitarbeit im neuen CD-Labor.

„Die Teilnahme am CD-Labor für Cellulose Hightech-Materialien ermöglicht er Lenzing AG die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe fortzusetzen. Im Rahmen dieser Kooperation geht es um die sehr grundlegenden Untersuchungen der Reaktionen, die in den Prozessen zur Faserherstellung ablaufen. Durch ein besseres Verständnis dieser können auch die Produktionsprozesse weiter optimiert werden – etwa in Richtung bessere Faserqualität und mehr Nachhaltigkeit“, so Dr. Jo-Ann Innerlohinger, Head of Funding, Monitoring & PMO / R&D bei der Lenzing AG.

Dr. Karin Fleck, CEO und Gründerin des Vienna Textile Labs, sieht die Zusammenarbeit als „einzigartige Gelegenheit“. Für das Vienna Textile Lab als Startup stelle das CD-Labor „eine herausragende Chance dar, anwendungsorientierte Grundlagenforschung zu betreiben. Insbesondere das langjährige Commitment zu einer Zusammenarbeit ermöglicht es uns, nachhaltige Forschung zu betreiben und gemeinsam mit der BOKU und unseren Industriepartnern noch tiefer in die Materie einzutauchen. Durch diese Zusammenarbeit haben wir die einzigartige Gelegenheit, das volle Potenzial unserer Forschung auszuschöpfen und bahnbrechende Innovationen im Bereich nachhaltiger industrieller Biotechnologie zu entwickeln.“

„Delfort ist ein Vorreiter in der Entwicklung nachhaltiger Papierlösungen, welche Plastikprodukte am Markt ersetzen sollen“, so Dr. Sven Plappert, Project Manager in der Forschungsabteilung der Papierfabrik Wattens GmbH & Co KG. „Das CD-Labor für Cellulose Hightech-Materialien ist dabei eine sehr wichtige Kooperation, um zentrale Eigenschaften dieser Spezialpapiere weiterzuentwickeln und deren Erfolg zu garantieren.“

„Unter Nutzung der seit 25 Jahren bestehenden Forschungserfahrungen rund um die Chemie nachwachsender Rohstoffe und Bioraffinerie an der BOKU – und insbesondere der Cellulose- und Ligninchemie – werden wir im CD-Labor für Cellulose Hightech-Materialien gemeinsam mit unseren vier Unternehmenspartnern aktuelle grundlagenwissenschaftliche Herausforderungen im Bereich der Cellulosechemie angehen“, so Laborleiter Hubert Hettegger.

Das neue und insgesamt sechste derzeit aktive CD-Labor der BOKU ist eingebettet in ein Netzwerk aktiver nationaler und internationaler Kooperationen und Kollaborationen innerhalb der Scientific Communities für Cellulose, Lignin, Bioraffinerie-Chemie und Grüne Chemie. Die Doktorand*Innen im CD-Labor werden ferner in der Doktoratsschule ABC&M (Advanced Biorefineries – Chemistry & Materials) der BOKU ausgebildet, um das Know-How im Bereich Bioraffinerie-Chemie gezielt zu vertiefen. Unterstützt durch optimale infrastrukturelle Bedingungen am Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe (Leitung: Univ.Prof. Dr. Thomas Rosenau und Univ.Prof. Dr. Antje Potthast) und am Department für Chemie wird hier Spitzenforschung betrieben, um sowohl den aktuellen Wissensstand über Methoden der grünen Chemie und der Chemie nachwachsender Rohstoffe voranzutreiben, als auch die Zusammenarbeit mit den Industriepartnern zu fördern, um die industrielle Akzeptanz und Anwendung dieser Methoden zu unterstützen.

Über Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschafter*innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel. Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.

Fotos: https://bokubox.boku.ac.at/#da4beceaf5e829b86de3e7477bb794d9

Wissenschaftlicher Kontakt:
Ass.Prof. Dr. Hubert Hettegger, MSc.
Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe
Universität für Bodenkultur Wien
hubert.hettegger@boku.ac.at
Tel.: 01 47654 77414