BOKU-Langzeitstudie beleuchtet ein Jahrhundert in den USA

Wälder speichern Kohlenstoff und haben daher eine tragende Rolle, wenn es darum geht Klimaziele zu erreichen. Doch welche Rolle spielen Waldbrände und Holznutzung dabei? Forschende der BOKU rekonstruierten dazu die Kohlenstoffbilanz der Wälder in den USA von 1926 bis 2017. Foto: Andreas Magerl

Mit über drei Millionen Quadratkilometer Wald sind die USA das Land mit der viertgrößten Waldfläche weltweit – hinter Russland, Brasilien und Kanada. Da Wälder bei der Photosynthese Kohlenstoff binden – sie nehmen Kohlenstoffdioxid (CO2) auf, binden den Kohlenstoff (C) und geben den für uns lebensnotwendigen Sauerstoff (O2) ab – können sie im Kampf gegen den Klimawandel eine entscheidende Rolle als Kohlenstoffsenke spielen. Vor allem wenn sie wachsen. „Daher ist es von großer Bedeutung zu verstehen, wie und warum sich diese riesigen Waldgebiete entwickelt haben“, erklärt Studienleiter Andreas Magerl vom Institut für Soziale Ökologie (SEC) der BOKU.

Wald wächst um 40 Prozent

Gemeinsam mit Kolleg*innen hat der Forscher historische Berichte und Satellitendaten zu Waldbränden, sowie weitere Quellen wie Forstinventuren auf regionaler und nationaler Ebene der kontinentalen USA (exklusive Alaska und Hawaii) analysiert. „Dieser neue Datensatz ermöglicht es die Veränderungen der Biomasse im Wald durch Waldbrände, Abholzung und Waldweide über den gesamten Zeitraum von 1926 bis 2017 zu untersuchen“, so Magerl. Dabei stellten die Wissenschafter*innen fest, dass die Wälder in den USA insgesamt um 40% wuchsen, während Waldbrände um 90% zurückgingen, allerdings mit regionalen Unterschieden.

Während im Osten der USA der Bestand und die Dichte des Waldes stark zugenommen haben, war die Walddichte im Westen von Anfang an relativ hoch und hat sich im Untersuchungszeitraum kaum verändert. „Das ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass Waldbrände im Osten der USA im 20. Jahrhundert drastisch zurückgingen und sich der Wald nach einer intensiven Übernutzung im 19. Jahrhundert wieder langsam erholt hat“, erklärt Magerl. Wesentlich dazu beigetragen haben Maßnahmen zur Verhinderung von Waldbränden und großflächige Wiederaufforstungen. Im Westen der USA hingegen verhinderten vermehrte und intensivere Waldbrände sowie Insektenbefall und Trockenheit einen größeren Bestandszuwachs.

Großteils Wirtschaftswälder

Die Studie zeigt, dass im beobachteten Zeitraum im Durchschnitt 71% der gesamten nachwachsenden Waldbiomasse entnommen oder zerstört wurden. Magerl: „Wir sprechen hier von der sogenannten Nettoökosystemproduktion, also der gesamten Biomasse, die innerhalb eines Jahres im Wald zugewachsen ist und potenziell für die Holzernte durch Menschen zur Verfügung steht, aber auch durch andere "Störungen" wie zum Beispiel Waldbrände oder Schädlingsbefall zerstört werden kann.“

Diese 71% der Biomasse, die entnommen wurden, setzen sich durchschnittlich aus 51% durch Holzernte, 14% durch Waldbrände und 6% durch Waldweide zusammen. Demnach handelt es sich bei den Wäldern der USA zu einem großen Teil um sogenannte Wirtschaftswälder, die nach 30 bis 50 Jahren geerntet werden. Diese Wälder sind es auch, in denen die Waldbrände am stärksten zurückgegangen sind.

Unterschiedliche Wälder – unterschiedliche Eigenschaften

„Unter gewissen Voraussetzungen könnten diese Wälder natürlich noch sehr viel länger weiterwachsen und weiterhin Kohlenstoff binden, was einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz darstellen kann. Allerdings ist es hier wichtig, die verschiedenen Funktionen von Wäldern gegeneinander abzuwägen“, so Magerl. „Ältere Primärwälder, also Wälder, wo der Mensch nicht eingreift, können beispielsweise resilienter sein und eine höhere Biodiversität als Wirtschaftswälder aufweisen. Ältere Wirtschaftswälder hingegen, können auch besonders vulnerabel sein“, erklärt der Experte.

Eines haben Wälder aber in jedem Fall gemein: Sie wachsen nur sehr langsam nach. Holz ist zwar prinzipiell erneuerbar, aber das braucht viel Zeit. Hinzu kommen Unsicherheiten durch den Klimawandel – unter anderem durch häufigere Waldbrände, – was es erschwert, Prognosen für die zukünftige Nutzung zu treffen. „Wälder können nur dann als Kohlenstoffsenke wirksam zum Klimaschutz beitragen, wenn die Holznutzung den Waldbestand nicht langfristig reduziert“, betont Magerl.

Um das in Zukunft besser einschätzen und vorhersehen zu können, leistet diese Studie einen wesentlichen Beitrag. Sie zeigt deutlich, wie komplex und regional unterschiedlich das System Wald ist und wie wichtig es ist, dieses über einen längeren Zeitraum detailliert zu untersuchen. So können im Zusammenhang mit natürlichen Klimalösungen fundierte Entscheidungen getroffen werden.

Link zur Studie:
https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1029/2023GB007813

Kontakt:
Mag. Dr. Andreas Magerl
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Soziale Ökologie (SEC)
Email: andreas.magerl@boku.ac.at
Tel.: +43-47654-73787