(c) pixabay

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Ein internationaler Forscher*innenteam unter der Leitung der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und der Michigan State University (MSU) hat eine umfassende Untersuchung über die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf Flussfische in den Vereinigten Staaten und Europa durchgeführt. Im Rahmen der Studie analysierten die Forscher*innen mehr als 30.000 Beprobungsstellen auf beiden Kontinenten und stellten fest, dass sowohl Verstädterung als auch intensive Landwirtschaft erhebliche negative Auswirkungen auf Fischpopulationen haben.

Flussökosysteme werden stark von den sie umgebenden Landschaften geprägt. Flüsse bieten vielfältige Lebensräume für aquatische Organismen, insbesondere für Fische, und spielen daher eine entscheidende Rolle für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Sie halten Ökosysteme intakt und tragen zum wirtschaftlichen Wohlstand sowie zum menschlichen Wohlergehen bei. In den letzten Jahrzehnten ist jedoch weltweit die Biodiversität in Flussökosystemen, insbesondere die der Flussfische erheblich zurückgegangen.

Vor allem landwirtschaftliche Praktiken und die Urbanisierung führen zu einer Verschlechterung und Fragmentierung der Lebensräume. Sie verursachen veränderte hydrologische und thermische Bedingungen sowie Migrationsbarrieren und Wasserqualitätsprobleme in Flüssen und Bächen auf der ganzen Welt. Diese Faktoren stellen eine erhebliche Bedrohung für Fischbestände dar und beeinträchtigen auch zahlreiche Ökosystemleistungen, was somit das Wohlergehen der Menschen gefährdet.

Kontinentübergreifende Ergebnisse

Die von Rafaela Schinegger, Assistenzprofessorin für Naturschutzplanung an der BOKU, geleitete Forschung, in Zusammenarbeit mit Maria Magdalena Üblacker (BOKU-Absolventin und derzeit Doktorandin am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin, Deutschland) sowie Dana Infante, Professorin am Aquatic Landscape Ecology Lab an der MSU, konzentrierte sich auf die Quantifizierung der Auswirkungen menschlicher Stressoren auf der Landschaftsebene auf zwei Kontinenten. Das internationale Forschungsteam untersuchte zwei Schlüsselfaktoren: die Häufigkeit von Stressoren, die negative Reaktionen in Fischbeständen hervorrufen, sowie den Schweregrad von Stressoren, um die Intensität der negativen Reaktion zu bewerten. Die Studie zeigt, dass Fischarten, die im Allgemeinen empfindlich auf Verschlechterungen des Lebensraumes reagieren, wie etwa auf Beeinträchtigung der Wasserqualität und Veränderungen der Hydromorphologie (z.B. durch Begradigung, Barrieren oder Verlust von Laichhabitaten) in verschiedenen Ökoregionen und auf beiden Kontinenten am stärksten betroffen sind.

Die Studie „Cross-continental evaluation of landscape-scale drivers and their impacts to fluvial fishes: Understanding frequency and severity to improve fish conservation in Europe and the United States“ liefert reichhaltige Erkenntnisse, indem hunderte Zusammenhänge zwischen Fischpopulationen und landschaftlichen Stressoren analysiert wurden. Dadurch wird das Verständnis und der Vergleich von Bedrohungen für Fische in großen geografischen Gebieten verbessert. Die Autor*innen des Artikels diskutieren auch Unsicherheiten und Einschränkungen ihrer Ergebnisse sowie zukünftige Notwendigkeiten in Forschung und Management, indem sie auf Datenlücken und erforderliche Bewirtschaftungspraktiken hinweisen – wichtige Informationen für politische Entscheidungsträger*innen und Verwaltung. Die Studie unterstützt somit die Bemühungen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Artenvielfalt in Süßwasserökosystemen und zur Erhaltung von Flussfischen weltweit.

Rafaela Schinegger, die koordinierende Autorin der Studie betont: „Es ist aktuell dringend notwendig, aquatische und terrestrische Ökosysteme und deren Gefährdungen gemeinsam zu analysieren, um in zukünftigen Naturschutzplanungen auf integrierte Renaturierungsmaßnahmen zu fokussieren“. Schinegger ist der Meinung, dass die Ergebnisse der Studie auch relevante Informationen für die Umsetzung verschiedener EU-Richtlinien und insbesondere der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 liefern können.

Link zur Publikation in STOTEN (Science of the Total Environment):

Üblacker, M. M., Infante, D. M., Cooper, A. R., Daniel, W. M., Schmutz, S., & Schinegger, R. (2023). Cross-continental evaluation of landscape-scale drivers and their impacts to fluvial fishes: Understanding frequency and severity to improve fish conservation in Europe and the United States. Science of The Total Environment, 165101.

https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2023.165101

Wissenschaftlicher Kontakt:

Rafaela Schinegger
Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung (ILEN)
Universität für Bodenkultur Wien
E-Mail: rafaela.schinegger(at)boku.ac.at

Maria Magdalena Üblacker
Forschungsgruppe Globale Süßwasserbiodiversität, Biogeographie und Naturschutz
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
E-Mail: maria.ueblacker(at)igb-berlin.de

Dana Marie Infante
Abteilung für Fischerei und Wildtiere
Michigan State Universität (MSU)
E-Mail: infanted(at)msu.edu