Soeben hat erstmals ein mit einem Sender versehener Goldschakal die Grenze zu Österreich überschritten. Aus Slowenien kommend ist noch ungewiss wie weit er nach Norden wandern wird. Bisher ist er bereits fast 1000 Kilometer gelaufen und hat auf dem Weg durch die Alpen mehrere Berge überwunden. Die Daten liefern einen einmaligen Einblick in das Leben und die natürliche Ausbreitung dieser Hundeartigen. An der Universität für Bodenkultur Wien läuft seit 2015 ein Projekt zur Erforschung dieser scheuen Tiere.

Eine interessante Art breitet sich aus

Der Goldschakal (Canis aureus) ist ein kleinerer Vertreter der Familie der Hunde. Anfang des 20. Jahrhunderts noch sehr selten, breitet sich die in Naturschutzrichtlinien gelistete Art (Anhang V der FFH-Richtlinie) in den vergangenen Jahrzehnten von ihrem ursprünglichen Lebensraum auf dem Balkan auf natürliche Weise in Europa aus. Seit 1987 gibt es vereinzelte Nachweise in Österreich. Gesammelt und koordiniert werden Hinweise und Meldungen seit 2015 vom Goldschakalprojekt Österreich, welches am Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) angesiedelt ist. Die Initiatorin Dr. Jennifer Hatlauf ist eine international anerkannte Expertin zu dieser Tierart: „Seine Anpassungsfähigkeit an verschiedene Lebensräume sowie eine opportunistische Nahrungswahl machen den Goldschakal sehr erfolgreich. Mittlerweile gibt es Nachweise bis nach Norwegen. Für den Menschen ist er nicht gefährlich und wird nur sehr selten gesehen, da er sehr scheu ist.“. Umso größer ist die Freude, dass ein aktuelles Forschungsprojekt erstmals genaue Daten über die Wanderroute eines dieser heimlichen Wanderer liefert – auch wenn dieser Glücksfall unerwartet kam.

Goldschakal macht (Kilo-)Meter

Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Universität Ljubljana wurde am 21. Juni 2023 ein etwa 1,5 Jahre alter Goldschakal mit einem Halsband versehen, in das ein GPS-Sender eingebaut ist. Der zuständige Forscher, Dr. Hubert Potocnik (University of Ljubljana, Biotechnical Faculty, Department of Biology, Animal ecology research group), erhoffte sich wichtige Informationen über die Raumnutzung der Tierart zu erhalten – noch dazu, da das Tier inmitten eines bekannten Wolfsterritoriums angetroffen wurde. Generell meiden Goldschakale die bis zu drei Mal größeren Wölfe, von denen sie auch nachweislich getötet werden können. Tatsächlich zeigten die GPS-Aufzeichnungen, dass das Tier die Gegend schnell verließ – was daraufhin geschah, war jedoch überraschend und entpuppte sich als kleine Sensation: Das junge Männchen machte sich auf eine Reise nach Norden, deren Ende noch nicht abzusehen ist.

Nach längerem Suchen in Slowenien und zwischenzeitlichem Verweilen in kleinen Territorien, begann das Tier auf einmal weitere Strecken zurückzulegen. Dabei macht es natürlich auch vor Landesgrenzen keinen Halt und überquerte vergangene Woche die Grenze zu Kärnten. Somit ist das Männchen der allererste besenderte Goldschakal auf internationaler Reise, der Daten über das Ausbreitungsverhalten nach (durch?) Österreich liefert. Obwohl er schon seit der Besenderung fast 1000 km gelaufen ist, zieht es ihn momentan noch rasch weiter – nachdem er nun Villach passiert hat, steht er kurz vor der Grenze zu Salzburg. Signale aus fast 2000 Metern Höhe bezeugen, dass auf seinem Weg Berge kaum ein Hindernis darzustellen scheinen.

Wie weit noch, Maj?

Das junge Männchen wurde mittlerweile von der Forscher*innen-Community auf den Namen „Maj“ getauft. Die Namenspatronin war die Tochter des Jägers, welcher beim Fang geholfen hat: Maja – da es sich aber beim Schakal um einen Rüden handelt, wurde die männliche Form Maj gewählt. Der Grund für seine Wanderung scheint relativ klar: wie es charakteristisch für die Art ist, ist Maj auf der Suche nach einem Territorium und vor allem nach einer Partnerin. Bei der bisher eher geringen Dichte von Goldschakalen in Österreich, muss er dabei auch Glück haben. Nicht unwahrscheinlich ist, dass ihn seine Suche noch viel weiterführt und er dabei das Land wieder verlassen wird.

Dieses Ereignis zeigt ein ganz natürliches Verhalten von Goldschakalen, welche auf der Suche nach Paarungspartnern und einem eigenen Revier sind. Die Ausbreitung dieser Art über Grenzen hinweg unterstreicht die Bedeutung grenzüberschreitender Kooperation und die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Monitorings, auch um ihr Auswirkungen auf die lokale Biodiversität zu verstehen,“ erläutert Dr. Jennifer Hatlauf von der BOKU. Auf seinem Weg wird er wertvolle Daten über das Verhalten dieser in Österreich noch recht jungen Tierart liefern. Eine Sorge der Forschenden ist ein unnatürliches Ende der so informativen Reise: Viele Tiere – wie etwa der erste handfeste Nachweis in Wien Anfang 2023 – werden Opfer des Verkehrs. Zudem sind Goldschakale in Kärnten zurzeit bejagbar. Die Forschung ist besonders dankbar für die Meldung aller Sichtungen und Fotofallenbilder des besenderten Goldschakals. Die Hoffnung ist, dass er unbeschadet über alle Schienen und Straßen hinweg seinen Weg fortsetzen kann und in diesem Präzedenzfall weiterhin Daten für die Wissenschaft liefert.

Bedeutung für die Forschung

Diese dokumentierte Wanderung hebt die Notwendigkeit für weitere Forschung und Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern aber auch österreichweit hervor.

Jackals are considered excellent long-distance dispersers, however, there have been really few direct observations of such movements so far and this is an opportunity to gain new insights into the background to their success of swift expansion across Europe in recent decades.“
Dr. Hubert Potocnik (University of Ljubljana, Biotechnical Faculty).

Die Beobachtung dieses jungen männlichen Schakals von Slowenien nach Österreich bietet einzigartige Einblicke in die Verhaltensmuster und Anpassungsfähigkeit der Art. Es bleibt jetzt zu beobachten, ob das Tier Österreich nur durchquert, oder es als seinen dauerhaften Lebensraum auswählt.“
Dr. Jennifer Hatlauf (BOKU Wien).

Diese wichtige Forschungsarbeit kann durch die Meldung von Sichtungen mit Foto- oder Videobelegen beziehungsweise von Kadavern (erlegte Tiere oder Straßenopfer) maßgeblich unterstützt werden. Alle Informationen sind auf der Webseite www.goldschakal.at zu finden.

Download von Bildern zu Ihrer Verwendung:

https://bokubox.boku.ac.at/#a2a2abbf19a8c7db8a4b6792c86f75e0  

(Fotocredit: Jennifer Hatlauf, Maj_GPS collar = Hubert Potocnik) Weitere Fotos und Videos auf Anfrage

Ansprechpartnerin für weitere fachliche Auskünfte und Interviews:

Dr. Jennifer Hatlauf
office@goldschakal.at
Universität für Bodenkultur Wien

Tel.: +43-650 500 2158

Das Goldschakalprojekt Österreich läuft seit 2015 am Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (IWJ), an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), um eine systematische Anwesenheitsbestimmung von Goldschakalen in Österreich durchzuführen, Monitoring-Standards zu etablieren und grundlegende ökologische Forschung an dieser Tierart zu betreiben. Informationen unter

www.goldschakal.at
www.facebook.com/Goldschakalprojekt
www.youtube.com/channel/UCcG2NnLC56YA22ezjs1cY3w