Umfangreiches Feldexperiment unter der Leitung des Instituts für Geomatik an der BOKU zur Früherkennung von Vitalitätsveränderungen

Der Klimawandel bringt Wetterveränderungen mit sich und diese können für Bäume großen Stress bedeuten. Durch diese Bedrohung der Vitalität vieler Baumarten steigt zunehmend der Bedarf an kostengünstigen Methoden für großflächiges Monitoring. Um diese Fragestellung genauer untersuchen zu können, wurde daher unter Leitung des Instituts für Geomatik der Universität für Bodenkultur Wien in einem gemeinsamen Konsortium mit der Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), den Bayerischen Staatsforsten, Österreichischen Bundesforsten (ÖBf AG) und der Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) ein umfangreiches Feldexperiment (Projekt VitTree) durchgeführt.

Dafür wurden in zwei unterschiedlich alten Fichtenbeständen in Bayern nahe der österreichischen Grenze jeweils 140 Bäume ausgewählt und die Hälfte der Testbäume künstlich geschwächt. Dazu wurde die Rinde über den gesamten Stammumfang in einem 20 Zentimeter breiten Ring in 130 Zentimeter Höhe vollständig entfernt. Diese so genannte Ringelung erfolgte immer in Gruppen von fünf benachbarten Bäumen. In unmittelbarer Nähe wurden fünf Kontrollbäume (ohne Ringelung) ausgewählt. Die intensive Datenerhebung erfolgte in möglichst regelmäßigen Abständen über zwei Vegetationsperioden auf unterschiedlichen Maßstabsebenen:

  • Terrestrische Kronenansprache: Dabei wurden bei den Bäumen im Bestand Parameter wie Verfärbung der Nadeln, Entnadelung sowie Blüten- und Zapfenbildung erhoben bzw. die auf Borkenkäferbefall kontrolliert.
  • Entnahme von Nadelproben am stehenden Baum und anschließende Spektrometermessungen im Labor
  • Aufnahme von flugzeuggetragenen Hyperspektraldaten

Die auf Nadel- und Baumkronenniveau gewonnen Hyperspektraldaten erfassen die Reflexion über einen sehr weiten Wellenlängenbereich. Während die Reflexionen im sichtbaren, also für das menschliche Auge erfassbaren Bereich primär vom Absorptionsverhalten der Pigmente wie Chlorophyll beeinflusst werden, gibt das Reflexionsverhalten im Nahen und Mittlere Infrarotbereich Rückschlüsse über Zellstruktur bzw. Wassergehalt. Die sinnvolle Kombination einzelner Wellenlängenbereiche, sogenannte Vegetationsindizes, ermöglichen Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der untersuchten Bäume.

Es stellte sich heraus, dass der jüngere und besser gepflegte Waldbestand über den Zwei-Jahres-Zeitraum nach der Ringelung nur geringe Veränderungen zeigte, während im älteren Waldbestand Veränderungen sowohl in den Nadel- als auch in den Baumkronenspektren zu beobachten waren. Interessanterweise waren die Veränderungen in den Hyperspektraldaten zu einem deutlich früheren Zeitpunkt erkennbar als bei den Feldbeobachtungen. „Die Ergebnisse zeigen somit das große Potenzial der hyperspektralen Fernerkundung für die Erfassung von Vitalitätsveränderungen gestresster Bäume und stellt somit einen wesentlichen Schritt in Richtung Früherkennung dar“, betont Markus Immitzer vom Institut für Geomatik.

In den nächsten Jahren werden einige satellitengestützte Hyperspektralsensoren (CHIME, EnMap, PRISMA) verfügbar sein und damit ist auch eine perfekte zeitliche – und kostenfreie – Erfassung möglich. Das Institut für Geomatik der BOKU wird weiter an der Verbesserung der Verfahren aus dem Bereich der künstlicher Intelligenz arbeiten, um aus den hochdimensionalen Fernerkundungsdaten die Signale extrahieren zu können, die am besten mit der Vitalität von Waldbäumen korrelieren. Ziel ist es, die bestehenden Systeme am Institut, die bereits heute operationell wichtige Daten u.a. zum globalen Dürremonitoring oder im Bereich Precision Agriculture bereitstellen, weiter auszubauen. Immitzer: „Damit werden wir wesentlich zur Gestaltung der unabwendbaren Entwicklung hin zur Digitalisierung in der Land- und Forstwirtschaft im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.“

Publikation “Early detection of spruce vitality loss with hyperspectral data: Results of an experimental study in Bavaria, Germany”  (open access) ist verfügbar unter:

https://doi.org/10.1016/j.rse.2021.112676

 

Kontakt & Rückfragen:

DI Dr. Markus Immitzer, MSc.
Institut für Geomatik

Universität für Bodenkultur Wien
markus.immitzer(at)boku.ac.at

+43 1 47654 – 85732