Die Entschlüsselung der Strukturen und Eigenschaften von Nussschalen setzt wichtige Impulse in der Entwicklung biomimetischer Verpackungskonzepte und der Nutzung von Schalenabfällen als nachhaltigen Rohstoff.

Von der Natur können Werkstoffwissenschaftler*innen noch vieles darüber lernen, wie Materialien sparsam und effektiv zum Aufbau äußerst zweckmäßiger Strukturen nutzbar sind. Am Institut für Biophysik an der Universität für Bodenkultur Wien forscht Notburga Gierlinger im Rahmen des ERC-consolidator grants „Scattering and tapping on soft-hard-open nuts“, wie Nussschalen auf Mikro- und Nanoebene aufgebaut sind und welche Eigenschaften damit einhergehen. Der multimodale Forschungsansatz inkludiert mikroskopische, spektroskopische, biophysikalische und tomographische Methoden, um Struktur-Funktions-Beziehungen der Nussschalen zu entschlüsseln. 

„Ein dreidimensionaler Blick mit hochauflösender Röntgentomographie war entscheidend, um die Puzzlezellen in der Walnuss als neue Zellform zu entdecken und zu rekonstruieren“, betont Gierlinger. Das Ineinandergreifen der gelappten Zellen bewirkt eine höhere Zug- und Druckbelastung, wie im Vergleich mit Schalen basierend auf vieleckigen Zellen (Kiefer) und Fasern (Macadamia, Haselnuss,…) gezeigt werden konnte. „Die Pistazie hat sich dabei als wahre Meisterin dieser Zellverzahnung erwiesen: Über kugelgelenkartige Verbindungen wird neben einer hohen Festigkeit auch eine bemerkenswerte Verformbarkeit erreicht“, so die Biophysikerin. 

Auf Zellwandebene zeigen die Sklerenchymzellen aller Nussschalen eine lamellenartige Struktur, die auf der schraubenförmigen Anordnung der Zellulose-Makrofibrillen basiert. Rasterkraftmikroskopie und Elektronemikroskopie zeigten Unterschiede in der Dicke und im Neigungswinkel zwischen Pistazie und Walnuss, wodurch wiederum die mechanischen Eigenschaften auf Nanoebene beeinflusst werden. 

Das Verständnis über das „Verpackungskonzept“ Nussschale setzt wichtige Impulse in der Entwicklung biomimetischer Materialien und der Verwendung von Schalenabfällen als nachhaltigen Rohstoff. Der einheitliche isotrope Zelltyp in Walnuss- und Pistazienschalen sowie die enorme Oberfläche durch die vielen Lappen könnte auch für manche Anwendungen wie Komposite von Nutzen sein.

Xiao N, Felhofer M, Antreich SJ, Huss JC, Mayer K, Singh A, Bock P, Gierlinger N (2019) Twist and lock: nutshell structures for high strength and energy absorption. Royal Society Open Science, 8: 210399. https://doi.org/10.1098/rsos.210399

Kontakt:
Assoc. Prof. Dr. Notburga Gierlinger
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Biophysik
Tel.: 0660 1617288
burgi.gierlinger(at)boku.ac.at

Die beliebten Nüsse sind hinsichtlich ihrer wertvollen Inhaltsstoffe gut untersucht, warum Schalen manchmal so schwierig zu knacken sind, wurde jetzt erforscht. (c) Institut für Biophysik/BOKU