Aktuelle FiBL-Studie in Kooperation mit BOKU zeigt: Für Import von Palmöl, Soja und Co. wird pro Minute eine Fläche größer als ein Fußballfeld in Übersee verbraucht, CO2-Ausstoß höher als durch österreichischen Flugverkehr vor Corona-Zeiten.

Umweltinitiative Wir für die Welt: (v.l.) Anita Malli (GF Umweltinitiative Mutter Erde), Sophie Lampl (Greenpeace) und Studienautor Martin Schlatzer (BOKU). (c) Greenpeace/David Visnjic

Der österreichische Lebensmittelkonsum bedroht Tiere und Pflanzen wie etwa den Sumatra-Tiger, den Orang-Utan oder die Baumart Palo Santo. Denn um unseren Bedarf an Lebensmitteln wie Fleisch oder Schokolade zu stillen, werden große Flächen an Acker- und Weideflächen benötigt und relevante Ökosysteme vernichtet. Betroffen sind Gebiete wie die indonesischen Insel Sumatra, die brasilianische Savanne Cerrado oder der Amazonas-Regenwald.

Allein für die sechs nach Österreich importierten Güter Soja, Palmöl, Kaffee, Kakao, Banane und Zucker wird eine Fläche größer als das Burgenland verbraucht. Die Vernichtung artenreicher Ökosysteme wirkt sich auch negativ auf die Klimabilanz aus: Die Treibhausgas-Emissionen für diese Importgüter sind 1,5-mal so hoch wie durch den österreichischen Flugverkehr im Jahr 2018. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur (BOKU), die heute im Rahmen des MUTTER ERDE-Schwerpunkts „Klima schützen, Arten schützen!“ von der Umweltinitiative MUTTER ERDE gemeinsam mit der österreichischen Umweltschutzorganisation Greenpeace vorgestellt wurde.

“Unsere Studie zeigt ganz klar, dass auch Österreich durch den Konsum bestimmter Rohstoffe mitverantwortlich für die Zerstörung von relevanten Ökosystemen und damit auch für die Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten ist. Zu den wichtigsten Treibern von Tropenwaldabholzung zählt der hohe Fleischkonsum auf EU-Ebene, wie auch in Österreich. Dabei gibt es bereits in vielen Bereichen sehr schmackhafte, gesunde und ökologisch verträglichere Alternativen – wie beispielsweise Fleischalternativen aus Erbsen oder Soja, Kaffee aus Lupinen statt aus Bohnen und Carob anstelle von Kakao”, sagt Studienautor
vom Zentrum für Globalen Wandel & Nachhaltigkeit an der BOKU
und Mitarbeiter am Forschungsinstitut für biologischen Landbau.

Allein für die sechs untersuchten Produkte Soja, Kakao, Kaffee, Palmöl, Banane und Zuckerrohr wird eine Fläche von 455.600 ha benötigt – das entspricht einer Fläche größer als das Burgenland. Spitzenreiter im Flächenverbrauch ist der jährliche Import von Sojafuttermitteln nach Österreich mit 285.714 ha. Insbesondere der Appetit der Österreicher*innen auf Fleisch ist hier ein treibender Faktor – so werden Unmengen an Sojafuttermittel, oft gentechnisch verändertes Soja, jedes Jahr aus Ländern wie Brasilien und Argentinien importiert um etwa Schweine zu versorgen. Kakao und Kaffee folgen mit 99.542 ha und 53.423 ha im Flächenverbrauch. Teilweise geht die Produktion mit schweren sozialen Missständen wie Kinderarbeit einher. Auch Palmöl für Nahrungsmittel wie etwa Schokolade und Chips sind hier entscheidend: 9.459 ha Fläche wird für den österreichischen Konsum verbraucht. Rechnet man Palmöl für Agrotreibstoffe dazu, steigt der Flächenverbrauch für Palmöl-Importe sogar auf 41.265 ha. Der österreichische Import von Bananen benötigt 6.931 ha, jener für Zuckerrohr 536 ha.

Um diese Produkte anzubauen, werden auch relevante Naturräume, wie etwa Regenwälder und Savannen, zerstört. Palmöl wird etwa verstärkt in den Regenwäldern der Malaiischen Halbinsel sowie auf der Insel Borneo angebaut. Die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Tier- und Pflanzenwelt in diesen artenreichen Regionen sind hier bis zu 21-mal höher einzustufen als auf gleich großen artenreichen Flächen in Österreich. Der Sumatra-Tiger, der Asiatische Elefant und auch der Orang-Utan sind hier heimisch und durch die Palmölproduktion gefährdet. Soja wird vor allem in Brasilien und Argentinien, etwa in der brasilianischen Savanne Cerrado oder im argentinischen Chaco angebaut. In diesen Regionen ist die Artenvielfalt bis zu zehnmal höher, als in artenreichen Gegenden in Österreich. Der Große Ameisenbär, der Braune Brüllaffe sowie die Baumart Palo Santo sind bereits durch den Sojaanbau gefährdet.

Doch der österreichische Konsum treibt nicht nur das Artensterben voran, sondern auch die Klimakrise: Da diese Ökosysteme wirkungsvolle Verbündete im Kampf gegen die Erderhitzung sind, werden mit ihrer Vernichtung große Mengen an CO2 freigesetzt. Zählt man die THG-Emissionen des österreichischen Imports von Soja (3 Millionen Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr), Palmöl (451.000Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr für Palmöl als Nahrungs- und Futtermittel), Kaffee (171.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr), Kakao (149.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr), Banane (195.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr) und Rohrzucker (11.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr) zusammen, ergeben sich in Summe rund vier Millionen Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr. Das ist 1,5-mal höher als der gesamte österreichische Luftverkehr im Jahr 2018 mit 2,6 Millionen Tonnen CO2 Äquivalent ausgestoßen hat. Obwohl Österreich durch seine Nachfrage für diese THG-Emissionen verantwortlich ist, werden diese Emissionen nicht Österreich, sondern den Herkunftsländern zugerechnet.

Den Report “Die Auswirkungen des österreichischen Imports ausgewählter Lebensmittel auf Flächenverbrauch, Biodiversität und Treibhausgasemissionen in den Anbauregionen des globalen Südens” finden Sie unter: https://cutt.ly/VbKsT1o

Das Factsheet zum Report finden Sie unter: https://cutt.ly/TnegqaI

Rückfragehinweis:
Mag. Martin Schlatzer
Universität für Bodenkultur Wien
Zentrum für Globalen Wandel & Nachhaltigkeit
Email: martin.schlatzer(at)boku.ac.at
Telefon: 0699 102 867 93