(c) T. Scott Sillett – links im Bild: Mario Pesendorfer.

(c) T. Scott Sillett – links im Bild: Mario Pesendorfer.

Mario Pesendorfer vom Institut für Waldökologie ist Gastherausgeber des Special Issue „The ecology and evolution of synchronized seed production in plants“ des renommierten Journals “Philosophical Transactions of the Royal Society B”.

Warum produzieren Pflanzen in manchen Jahren besonders viele Blüten, Früchte und Samen – und zwar beinahe alle Exemplare einer Gattung synchron? Dieser Frage nach den so genannten Mastsaaten widmet sich die soeben erschienene Sonderausgabe „The ecology and evolution of synchronized seed production in plants“ der Philosophical Transactions of the Royal Society B, dem ältesten Journal der Welt, in dem bereits Charles Darwin publizierte. In der aktuellen Ausgabe werden 14 Studien von führenden Forschungsgruppen präsentiert, die sich dem Thema mit verschiedenen Zugängen widmen.

Mario Pesendorfer vom Institut für Waldökologie (IFE) der BOKU leitet ein internationales Team von Gastherausgebern des Themenhefts und hat gemeinsam mit seinen Kolleg*innen erstmals globale Datensätze über lange Zeiträume zusammengestellt, um das seit alters her bekannte wie komplexe globale Phänomen zu untersuchen. „Das zunehmende Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen, die hinter den Mastsaat-Jahren stehen, ermöglicht es uns, die Grundlagen für künftige Prognose-Modelle zu schaffen“, erläutert Pesendorfer. Diese werden ein wichtiges Tool für die Bewirtschaftung und Verjüngung von Wäldern sein, aber auch für den Schutz von Ökosystemen und Habitaten, wie in dem Beitrag „The ecology and evolution of synchronized production of long-lived plants“ ausgeführt wird, bei dem Pesendorfer Erstautor ist.

Die Mastzyklen beeinflussen nämlich das ganze Ökosystem, von Kleinsäugern und Vögeln bis zu Forstmaßnahmen und der Übertragung von Zoonose durch Zecken. Bis jetzt war aber die Erforschung von Mastzyklen schwierig, da die Datengrundlage – ausreichend lange Zeitreihen über Samenproduktion – fehlte.

Bäume haben ihren individuellen Zyklus, in dem Investitionen zwischen Wachstum und Reproduktion eingeteilt werden, es gibt aber mit den Mastzyklen auch so etwas wie einen Herzschlag des Waldes, Pesendorfer nennt es „synchronisierte Variabilität“, welche durch jährliche Wettervariation während kritischer Phasen der Bestäubung und Samenproduktion bestimmt wird. Dank Big Data können Forscher*innen nun plausible Antworten etwa zum Einfluss des Klimawandels auf die Mastsaaten, die im Schnitt alle drei bis vier Jahre auftreten, oder den Selektionsdruck innerhalb von Pflanzengattungen geben. Weiters wurde festgestellt, dass nah verwandte Arten ähnliche Synchronisationsmuster aufweisen.

Wichtig sind Mastzyklen aber auch für die Menschen. Es gibt viele Kulturen, die Nüsse und Samen in Wäldern sammeln, um sie zu konsumieren oder zu verarbeiten, wie das zum Beispiel für Eicheln in Korea der Fall ist. Es hat sich gezeigt, dass die Auswirkungen von Mastsaat-Jahren umfassender sind als bisher angenommen – das geht bis Zoonosen, als von Tieren übertragenen Krankheiten. Denn wenn Bäume mehr Samen und Früchte als in durchschnittlichen Jahren produzieren, steigen in den Wäldern in der Folge die Tierpopulationen – unter anderem auch die Zahl der Zecken. Pesendorfer: „In Datensätzen aus den USA ist zu erkennen, dass infolge von Mastsaatjahren die Zahl von Menschen, die aufgrund von FSME-Erkrankungen in Krankenhäusern behandelt wurden, ebenfalls gestiegen ist.“

In Österreich spielen Mastzyklen eine wichtige Rolle in Ökosystemen, der Waldwirtschaft und auch für Jagdwildpopulationen. So hängt die Fähigkeit von Baumschulen, Setzlinge für Aufforstungen bereitzustellen, direkt von der jährlichen Samenproduktion und der Samenqualität ab. Die natürliche Verjüngung nach einer Störung, wie einem Windwurf oder einer Lawine, ist ebenfalls davon abhängig. Viele einheimische Tierarten konsumieren auch Baumsamen, sodass ihre Populationen mit Mastzyklen schwanken. Auf dem Weg zum klimafitten Wald der Zukunft wird diese Forschung also eine wichtige Rolle spielen.

Neben Pesendorfer ist auch Ao. Prof. DI Dr. Georg Gratzer vom Institut für Waldökologie in dem Themenheft vertreten.

 

Zur Publikation:

https://royalsocietypublishing.org/toc/rstb/376/1839

 

Fotos sind abrufbar unter:

https://bokubox.boku.ac.at/index.php/#5d968d5a7585f7b6ddd2f3572d415e4a

 

Bildunterschrift: Die Mastsaat der Inselbuscheiche (Quercus pacifica), die nur im Channel Islands National Park in Kalifornien beheimatet ist.

 

Kontakt & Rückfragen:

Mag.rer.nat. Mario Pesendorfer, Ph.D.

Institut für Forstökologie

Universität für Bodenkultur Wien

mario.pesendorfer(at)boku.ac.at

Tel.: +43 676 4600704