Fassade des SwissTech Convention Centers in Lausanne mit semitransparenter Fassade aus Farbstoffsolarzellen. Bildquelle: https://www.detail.de/artikel/die-quadratur-des-kreises-weisse-photovoltaikmodule-entwickelt-12693/ . Fotos Fernando Guerra

Fassade des SwissTech Convention Centers in Lausanne mit semitransparenter Fassade aus Farbstoffsolarzellen. Bildquelle: https://www.detail.de/artikel/die-quadratur-des-kreises-weisse-photovoltaikmodule-entwickelt-12693/ . Fotos Fernando Guerra

Emerging Photovoltaics (EPVs) ermöglichen flexible, ultradünne und vor allem leichte PV-Module. Projekt der BOKU in Kooperation mit der JKU und dem Energieinstitut Linz untersucht Aspekte der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft.

Für die Energiewende sind nicht nur erneuerbare Energiequellen unerlässlich, sondern auch innovative Werkstoffe. Sogenannte Advanced Materials – oder kurz AdM – werden insbesondere in der Photovoltaik (PV) immer bedeutender, um den Wirkungsgrad von Solarzellen zu erhöhen. Die PV-Märkte wachsen derzeit sehr schnell, um die Pariser Klimaziele für 2050 erreichen zu können – 100% Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien werden angestrebt.

Für Österreich bedeutet dies, dass die derzeit installierte PV-Leistung von zirka 1,6 Gigawatt (GW) auf 9,7 GW bis 2030 und bis 2050 auf mindestens 26,7 GW PV erhöht werden müsste. Da dieses Ziel mit klassischen Silizium-basierten und relativ schwergewichtigen Solarzellen höchstwahrscheinlich nicht erreicht werden kann, sind innovative PV-Technologien notwendig. Die so genannten Emerging Photovoltaics (EPVs) ermöglichen flexible, ultradünne und vor allem leichte PV-Module. Sie können auch transparent gestaltet werden, um sie so etwa in Glasfassaden zu integrieren.

Wie nachhaltig sind EPVs?

Sonnenstrom ist umwelt- und klimafreundlich, aber sind es auch die neuartigen Materialien in den EPVs? Um diese Frage zu beantworten, wurde das Projekt „SolarCircle“ ins Leben gerufen, bei dem das Institut für Synthetische Bioarchitekturen sowie das Institut für Abfallwirtschaft der BOKU Wien gemeinsam mit der JKU Linz und dem Energieinstitut Linz interdisziplinär die Nachhaltigkeitsaspekte der jüngeren EPV-Generation erforscht.

Diese neuartigen PV-Systeme basieren etwa auf Perowskit-Halbleitern, nanokristallinen Quantenpunkten, leitfähigen Polymeren oder Farbstoffen. Sie haben ein großes Potenzial, da sie neben der klassischen Energieerzeugung neue Anwendungsbereiche, etwa für tragbare Kleingeräte wie das „Internet der Dinge“ oder „Point-of-Care“-Sensoren, in der Landwirtschaft, für Dächer und Fensterflächen sowie Parkplatz- oder Autobahnüberdachungen erschließen.

„Safe by Design“ notwendig

Viele EPVs befinden sich derzeit noch in der Entwicklung oder stehen teilweise kurz vor ihrer Kommerzialisierung. So sollten im Sinne der Nachhaltigkeit und Circular Economy frühzeitig Konzepte wie „Design for Recycling“, „Sustainability for Design“ oder „Safe by Design“ herangezogen werden, um sie umweltfreundlicher zu gestalten, noch bevor sie auf den Markt gelangen. Hierbei fehlt es jedoch an innovativen Ansätzen, um den Materialeinsatz kritischer Rohstoffe, wie Indium oder Ruthenium, welches in den einzelnen, Nanometer bis Mikrometer dünnen Schichten der Solarzelle enthalten sind, zu verringern oder alternative und umweltfreundliche Materialien einzusetzen.

In Bezug auf die Kreislaufwirtschaft fehlen derzeit konkrete, technische Lösungen, um wertvolle Stoffe, insbesondere der Halbleiterschichten, rückzugewinnen. „Man sieht sogar am Beispiel von klassischen Silizium-basierten PV-Modulen, dass die dort enthaltenen Halbleitermaterialien derzeit nicht oder kaum rückgewonnen werden, obwohl diese auch kritische Rohstoffe wie Silizium enthalten“, fügt Florian Part vom Institut für Abfallwirtschaft der BOKU hinzu. Nach dem Prinzip der Ressourcenschonung ist es aber unerlässlich Materialien und Rohstoffe wiederzugewinnen und nach Möglichkeit in einem Kreislauf zu halten.

Marktnische vorhanden, Forschungsbedarf hoch

Zudem wurden in „SolarCircle“ Marktpotenziale, Nachhaltigkeitsaspekte, Stakeholder-Befragungen sowie eine qualitative Risikoabschätzung der eingesetzten Materialien näher ausgearbeitet. Die Analysen haben ergeben, dass EPVs zukünftig eine wichtige Marktnische am weltweiten PV-Markt einnehmen können, da sie neue PV-Märkte aufgrund ihres geringen Gewichts oder ihrer Transparenz ermöglichen. Eine umfassende ökologische Nachhaltigkeits- und Risikobewertung ist nach derzeitigem Stand des Wissens jedoch nicht möglich und daher herrscht noch hoher Forschungsbedarf, um solche innovativen PV-Systeme nachhaltig gestalten zu können, bevor ihre großindustrielle Produktion ausgerollt wird.    

Kontakt:

Univ.Prof. Dr. Eva Kathrin-Ehmoser
Institut für Synthetische Bioarchitekturen
Universität für Bodenkultur Wien
eva.ehmoser(at)boku.ac.at
+43 1 47654-80411

Dr. Florian Part
Institut für Abfallwirtschaft
Universität für Bodenkultur Wien
florian.part(at)boku.ac.at
+43 1 47654-81344