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Windkraftanlagen stoßen häufig auf Widerstand in der lokalen Bevölkerung. Sie bergen allerdings auch beträchtliche Vorteile, denn durch jede nicht gebaute Windkraftanlage entstehen Kosten von über zwei Millionen Euro im Elektrizitätssystem, das zeigt eine aktuelle Studie der BOKU Wien.

Läuft alles nach Plan, wird Österreich bis 2030 nahezu den gesamten Strom aus inländischen erneuerbaren Quellen beziehen, so das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Dazu sollen sowohl Windkraft als auch Photovoltaik ausgebaut werden. Vor allem der Windkraftausbau stößt, unter anderem wegen der Wirkung auf das Landschaftsbild, in zahlreichen Gemeinden auf Gegenwind.

Unverbaute Landschaft hochgeschätzt

Politische Entscheidungstragende planen einen starken Ausbau der Photovoltaik. „Das legt nahe, dass die gesellschaftliche Wertschätzung für von Windturbinen unbeeinträchtigte Landschaften sehr hoch ist“, erklärt Sebastian Wehrle vom Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung an der BOKU Wien. Denn ein weitgehender Verzicht auf den Ausbau der Solarenergie stellt für das Stromsystem die kostengünstigste Variante dar, so das Ergebnis der nun veröffentlichten Studie. Darin errechnet das Team, dass durch die gesetzlichen Ausbauziele Kosten von rund 2,2 Millionen Euro je vermiedener Windturbine entstehen. Soll auch auf große Photovoltaikanlagen auf Freiflächen verzichtet werden, steigt die implizierte Wertschätzung unbeeinträchtigter Landschaften auf etwa 2,6 Millionen Euro je Windturbine.

Windkraft ergänzt Wasserkraft

Die Einsparungen durch Windenergie ergeben sich vor allem durch die Saisonalität der Erzeugung. Österreich produziert den Großteil des Stromes aus Wasserkraft, die ein ähnliches saisonales Muster aufweist wie Photovoltaik. Wenn die Temperatur steigt, die Sonne scheint und der Schnee schmilzt, produzieren Wasserkraftwerke und Photovoltaikanlagen Strom auf Hochtouren. Im Winter hingegen verringert sich ihre Erzeugung. „Anfängliche Investitionskosten mögen bei Photovoltaikanlagen zwar geringer sein, doch das wird durch die Kosten der benötigten zusätzlichen Anlagen und den erhöhten Gasverbrauch in Kraftwerken im Winter mehr als getilgt“, so Wehrle. Und diese Kosten müssen von jemandem getragen werden.

Windkraftanlagen verhalten sich saisonal gegenläufig zur Wasserkraft. Sie produzieren in kalten Monaten durchschnittlich mehr Strom und können so zu einer ganzjährig stabilen Stromversorgung beitragen. Außerdem führen sie zu geringeren CO2-Emissionen im Stromsystem, da zusätzlicher Kraftwerkseinsatz im Winter entfällt.

Bevölkerung an Bord holen

Es steckt viel Potenzial in Windprojekten – Kompensationen für Betroffene etwa. Da jede zusätzlich gebaute Windturbine über zwei Millionen Euro Kosten im Stromsystem einspart, könnten Entscheidungstragende diese Summe beispielsweise als Ausgleich für mögliche Nachteile von Anrainer*innen oder für die jeweiligen Gemeinden einsetzen. „So würden Menschen, die unmittelbar vom Bau von Windkraftanlagen betroffen sind, an den Vorteilen solcher Projekte teilhaben“, erläutert Wehrle. Für Politik und Wirtschaft stellen die Ergebnisse dieser Studie  wichtige Fakten bereit, um in Zukunft erneuerbare Energiesysteme besser planen zu können und nur dort zu errichten, „wo ihre Nachteile geringer wiegen als ihre Vorteile“, so Wehrle.

Die Studie ist aktuell im Fachmagazin Energy Policy erschienen:

https://doi.org/10.1016/j.enpol.2021.112617

Kontakt
Mag. Sebastian Wehrle
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung
E-mail: sebastian.wehrle(at)boku.ac.at
Tel.: +43 1 47654-73119