Nachwachsende Wälder erreichen nach 20 Jahren fast 80% der Bodenfruchtbarkeit, der Kohlenstoffspeicherung und der Baumvielfalt von Altbeständen. BOKU-Forscher Peter Hietz: „Mithilfe einer Mischung aus natürlichen Prozessen und aktiven Maßnahmen können wir eine naturnahe und artenreiche Landschaft erhalten, die auch wichtige Leistungen für das Ökosystem erfüllt.“

Tropische Wälder werden in alarmierendem Tempo durch Abholzung umgewandelt, haben aber auch das Potenzial, auf aufgegebenem Land auf natürliche Weise wieder zu wachsen. Eine Studie, die diese Woche in Science veröffentlicht wurde, zeigt, dass sich nachwachsende Tropenwälder erstaunlich schnell erholen und nach 20 Jahren fast 80 % der Bodenfruchtbarkeit, der Kohlenstoffspeicherung und der Baumvielfalt alter Wälder erreichen können. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die natürliche Regeneration eine kostengünstige, naturbasierte Lösung für den Klimaschutz, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Wiederherstellung von Ökosystemen darstellt.

Ein internationales Team von Tropenökologen analysierte anhand von 77 Landschaften und mehr als 2200 Waldparzellen im tropischen Amerika und in Westafrika, wie sich 12 Waldmerkmale während des natürlichen Prozesses der Waldregeneration erholen.

Von globalem Nutzen

Der Erstautor, Professor Lourens Poorter von der Universität Wageningen in den Niederlanden, erklärt: „Während es von entscheidender Bedeutung ist, alte Wälder aktiv zu schützen und die weitere Abholzung zu stoppen, haben tropische Wälder das Potenzial, in bereits abgeholzten Gebieten auf aufgegebenem Land auf natürliche Weise wieder zu wachsen. Diese nachwachsenden Wälder bedecken riesige Flächen und können zu den lokalen und globalen Zielen für die Wiederherstellung von Ökosystemen beitragen. Sie bieten einen globalen Nutzen für den Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel und die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie viele andere Leistungen für die Menschen vor Ort, wie z. B. Wasser, Brennstoff, Holz und Nichtholzprodukte aus dem Wald".

Poorter weiter: „Diese Wälder erholen sich erstaunlich schnell, was darauf hindeutet, dass die Wiederherstellung natürlicher tropischer Wälder kurzfristig große Vorteile bringt. Die Geschwindigkeit der Erholung ist jedoch je nach den gemessenen Eigenschaften der Wälder sehr unterschiedlich: Die Wiederherstellung von 90 % der Werte alter Wälder ist am schnellsten bei der Bodenfruchtbarkeit (weniger als 10 Jahre) und der bei Pflanzenfunktionen (weniger als 25 Jahre), mittelschnell bei der Waldstruktur und der Artenvielfalt (25-60 Jahre) und am langsamsten bei der oberirdischen Biomasse und der Artenzusammensetzung (mehr als 120 Jahre).“

Drei Indikatoren

Zweitautor Dylan Craven von der Universidad Mayor in Chile sagt: „Wir haben untersucht, wie die Erholung der verschiedenen Waldmerkmale miteinander zusammenhängt. Wir fanden heraus, dass die maximale Baumgröße, die Variation der Waldstruktur und der Baumartenreichtum robuste Indikatoren für die Erholung mehrerer Waldmerkmale sind. Diese drei Indikatoren sind relativ leicht zu messen und können zur Überwachung der Waldwiederherstellung verwendet werden. Mit Hilfe der Fernerkundung lassen sich Baumgröße und -variationen bereits jetzt über große Flächen und Zeiträume hinweg überwachen.

BOKU-Beitrag

Zu diesem internationalen Team haben auch Peter Hietz von der Universität für Bodenkultur und Florian Oberleitner (Universität Innsbruck), der im Rahmen seiner Masterarbeit Sekundärwälder in Costa Rica untersucht hat, beigetragen. Hietz erklärt: „Es ist noch immer eine verbreitete Vorstellung, dass tropische Regenwälder für immer verloren sind, wenn die Bäume einmal gefällt sind. Die publizierte Arbeit zeigt klar, dass das so nicht stimmt und in den meisten Fällen die Regeneration erstaunlich schnell ablaufen kann. Das geht aber nicht immer so schnell und es ist wichtig zu verstehen, warum sich manche Wälder schneller und andere langsamer regenerieren. In den Wäldern in Costa Rica haben wir etwa gesehen, dass dies von der Art der Nutzung und dem Boden abhängt. Wenn wir das besser verstehen, könnte man Wälder, die sich besonders schlecht regenerieren, stärker schützen oder auch die Regeneration durch gezielte Maßnahmen fördern.“

Der Letztautor, Bruno Hérault, vom CIRAD, Elfenbeinküste, erklärt: „Angesichts der lokalen und globalen Bedeutung von Sekundärwäldern und ihrer raschen Erholung nach 20 Jahren befürworten wir die (unterstützte) Naturverjüngung als kostengünstige, naturbasierte Lösung, um die Ziele der nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen, des UN-Jahrzehnts der Wiederherstellung von Ökosystemen (2020-2030), des UN-Rahmens zur Eindämmung des Klimawandels (COP 26) und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (COP 15) zu erreichen.“

Natürliche Prozesse und aktive Maßnahmen notwendig

BOKU-Forscher Hietz meint dazu: „Wir haben kein Patentrezept, das für alle Wälder und Gegenden passt, eine Mischung aus natürlichen Prozessen und aktiven Maßnahmen wird daher nötig sein. Es gibt dazu eine Bandbreite von Optionen von natürlicher und unterstützter Regeneration, Waldwirtschaft oder Agroforstwirtschaft. Die optimale Lösung hängt von den natürlichen Bedingungen, aber auch von der lokalen Bevölkerung und ihren Bedürfnissen ab. Durch eine Mischung verschiedener Ansätze können wir eine naturnahe und artenreiche Landschaft erhalten, die auch wichtige Ökosystemdienstleistungen erfüllt.“

Fotos, Grafiken und weitere Informationen: https://bokubox.boku.ac.at/index.php/#c7ee6d1d8203410e7814631118a031a5 

Publikation:

Lourens Poorter, Dylan Craven, Catarina C. Jakovac, Masha T. van der Sande, Lucy Amissah, Frans Bongers, Robin L. Chazdon, Caroline E. Farrior, Stephan Kambach, Jorge A. Meave, Rodrigo Muñoz, Natalia Norden, Nadja Rüger, Michiel van Breugel, Angélica María Almeyda Zambrano, Bienvenu Amani, José Luis Andrade, Pedro H.S. Brancalion, Eben N. Broadbent, Hubert de Foresta, Daisy H. Dent, Géraldine Derroire, Saara J. DeWalt, Juan M. Dupuy, Sandra M. Durán, Alfredo C. Fantini, Bryan Finegan, Alma Hernández-Jaramillo, José Luis Hernández-Stefanoni, Peter Hietz, André B. Junqueira, Justin Kassi N'dja, Susan G. Letcher, Madelon Lohbeck, René López-Camacho, Miguel Martínez-Ramos, Felipe P. L. Melo, Francisco Mora, Sandra C. Müller, Anny E. N'Guessan, Florian Oberleitner, Edgar Ortiz-Malavassi, Eduardo A. Pérez-García, Bruno X. Pinho, Daniel Piotto, Jennifer S. Powers, Susana Rodríguez-Buriticá, Danaë M.A. Rozendaal, Jorge Ruíz, Marcelo Tabarelli, Heitor Mancini Teixeira, Everardo Valadares de Sá Barretto Sampaio, Hans van der Wal, Pedro M. Villa, Geraldo W. Fernandes, Braulio A. Santos, José Aguilar-Cano, Jarcilene S. de Almeida-Cortez, Esteban Alvarez-Davila, Felipe Arreola-Villa, Patricia Balvanera, Justin M. Becknell, George A.L. Cabral, Carolina Castellanos-Castro, Ben H.J. de Jong, Jhon Edison Nieto, Mário M. Espírito-Santo, Maria C. Fandino, Hernando García, Daniel García-Villalobos, Jefferson S. Hall, Alvaro Idárraga, Jaider Jiménez-Montoya, Deborah Kennard, Erika Marín-Spiotta, Rita Mesquita, Yule R.F. Nunes, Susana Ochoa-Gaona, Marielos Peña-Claros, Nathalia Pérez-Cárdenas, Jorge Rodríguez-Velázquez, Lucía Sanaphre-Villanueva, Naomi B. Schwartz, Marc K. Steininger, Maria D.M. Veloso, Henricus F.M. Vester, Ima C.G. Vieira, G. Bruce Williamson, Kátia Zanini, Bruno Hérault. 2021.
Multi-dimensional tropical forest recovery. Science DOI: 10.1126/science.abh3629

Link: https://www.science.org/doi/10.1126/science.abh3629

Wissenschaftlicher Kontakt:

Univ.Prof. Mag. Dr. Peter Hietz
Institut für Botanik
Universität für Bodenkultur Wien
peter.hietz(at)boku.ac.at
Tel. +43 1-47654-83110

Prof. Dr. Lourens Poorter
Wageningen University and Research, Wageningen
Lourens.Poorter(at)wur.nl
Tel: +31 317 486216