Materialbestand, Infrastruktur, Dienstleistungen und Alltagspraxis: Sozialökologen an der Universität für Bodenkultur Wien entwickeln Nexus-Ansätze für einen nachhaltigen sozialen Stoffwechsel.

Klimawandel, Diversitätsverlust und andere ökologische Krisenphänomene, die wir derzeit beobachten, zeigen, dass es letztlich darum geht, unseren Ressourcenverbrauch zu verringern und uns gleichzeitig ein gutes Leben sicherzustellen. Wissenschaftliche Forschung dazu ist jedoch nicht trivial. Untersuchungen über den Verbrauch von Material und Energie werden mit naturwissenschaftlich technischen Methoden durchgeführt und Fragen, wie sich Gesellschaften organisieren und was den Ressourcenverbrauch vorantreibt, mit sozialwissenschaftlichen und ökonomischen. „Der Knackpunkt ist die Verknüpfung von naturwissenschaftlichen und sozialwissenschaftliche Analyseansätzen“, betont Helmut Haberl vom Institut für Soziale Ökologie an der Universität für Bodenkultur Wien. 

In ihrer neuen Publikation diskutiert das Forscher-Team rund um Helmut Haberl zwei mögliche Ansätze. Der „Stock-Flow-Service-Nexus“ basiert auf der Annahme, dass der gesellschaftliche Stoffwechsel hauptsächlich dadurch motiviert ist, aus Produkten und Dienstleistungen einen Nutzen zu ziehen. Damit verbindet er biophysische Bestände und Ströme, die den gesellschaftlichen Stoffwechsel ausmachen, mit Dienstleistungen, die zum Wohlergehen der Gesellschaft beitragen. Ein Nexus, der über das engere Konzept der „Ökoeffizienz“ hinausgeht. 

Der „Stock-Flow-Practice-Nexus“ ist ein zweiter, komplementärer Ansatz, der auf die Beziehungen zwischen Beständen, Strömen und Praktiken, d. h. auf die mit der Ressourcennutzung verbundenen Alltagsroutinen fokussiert. „Wir haben Dienstleistungen und tägliche Routinen in unsere Nexus-Ansätze einbezogen, um uns dem anzunähern, worum es wirklich geht, etwa um soziale Inklusion“, so Haberl. „In unserem Artikel diskutieren wir, wie diese beiden Ansätze als heuristische Modelle für die interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung dienen können und skizzieren die unterschiedlichen konzeptionellen und empirischen Forschungsrichtungen, die jeder dieser beiden Ansätze unterstützen kann.“

Haberls Botschaft an Politik und Wirtschaft: „Es geht um die großen Investitionsentscheidungen, räumliche Muster von Wohnen, Mobilität, Arbeitsplätzen und andere Services, die die Menschen im täglichen Leben brauchen, denn: Institutionelle Strukturen bestimmen massiv unsere Alltagsroutinen. Daher ist Klimaschutz per Appell an jeden Einzelnen allein wenig aussichtsreich.“

Link zur Publikation: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0921800921000070

Helmut Haberl ist Donnerstag, den 26. August, beim Alpbach Technology Symposium „The Great Transformation“ u. a. neben Bundesministerin Leonore Gewessler und Fridays for Future-Aktivistin Katharina Rogenhofer am Podium zu Gast. APA-Science begleitet die Alpbacher Technologiegespräche (26./27. August) wieder mit einem Liveblog. Erste Eindrücke gibt es ab 26. August Nachmittag auf der Startseite von http://science.apa.at sowie https://www.ait.ac.at/efatec zu sehen und nachzulesen.

Kontakt:
Ao.Univ.Prof. Mag. Dr. Helmut Haberl
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Soziale Ökologie
Email: helmut.haberl(at)boku.ac.at
Telefon: +43 699 19130591